Information

Alzheimer - Prognose

Dr. med. Patrick Bussfeld

Stetiger Abbau

Im Durchschnitt dauert die Alzheimer-Erkrankung neun bis zwölf Jahre, wobei sie häufig erst nach ein bis drei Jahren diagnostiziert wird. Vom Zeitpunkt der Diagnose an leben die meisten Patienten also noch etwa zehn Jahre, einige aber auch bis zu 20 Jahre.

Je früher im Leben die Krankheit einsetzt, desto schneller ist meistens auch ihr Verlauf. Nur ungefähr fünf Prozent der Alzheimer-Erkrankungen sind erblich bedingt. Auch in diesen Fällen schreitet die Erkrankung rascher voran.

Mit Medikamenten und anderen Therapiemassnahmen sowie bewusster, liebevoller Zuwendung und Aktivierung kann diese Entwicklung in einigen Fällen verlangsamt werden. Gelegentlich kommt es dabei auch zu einer vorübergehenden Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit.

Früher oder später werden jedoch alle Menschen mit Alzheimer pflegebedürftig, was für die Angehörigen eine hohe psychische Belastung darstellt. Wenn die Aufnahme in ein Pflegeheim unausweichlich wird, treten erhebliche finanzielle Verpflichtungen hinzu.

Alzheimer - Vorbeugen

Dr. med. Patrick Bussfeld

Keine anerkannte Prophylaxe

Offizielle Empfehlungen zur Vorbeugung gibt es nicht. Aus grossen epidemiologischen Untersuchungen ist bekannt, dass Frauen, die über viele Jahre eine Hormonersatztherapie mit Östrogenen erhalten haben, seltener an Alzheimer erkranken. Wegen der erhöhten Herzinfarkt-, Schlaganfall - und Thromboserate empfehlen Experten Östrogene aber nicht zur Vorbeugung gegen Alzheimer-Demenz.

Der vorbeugende Effekt von Langzeittherapien mit Schmerzmitteln wie Acetylsalicylsäure oder ähnlichen entzündungshemmenden Medikamenten wurde untersucht. Bisher ergaben aber alle Studien keine nachweisbare Wirkung. Dies gilt ebenso für hohe Dosen von Vitamin E und anderen Antioxidanzien, die schädliche Stoffwechselprodukte (Radikale) abfangen können.

Schliesslich gibt es Studien, die darauf hindeuten, dass geistig rege Menschen die Folgen der Alzheimer-Krankheit länger kompensieren können als andere.

Auch eine ausgewogene, fettarme Ernährung mit viel Obst und Gemüse sowie vielen ungesättigten Fettsäuren (Pflanzenöle, Fisch) sowie die konsequente Behandlung von bestehendem Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen und Diabetes Mellitus (Zuckerkrankheit) können möglicherweise das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, senken.

Alzheimer - Tipps für Angehörige

Dr. med. Johannes Pichler, Facharzt für Neurologie
älteres Paar 

Umgang mit Alzheimer-Kranken

Es gibt keine Patentrezepte für den Umgang mit Alzheimer-Betroffenen. Einige Verhaltensregeln haben sich jedoch sich in vielen Familien bewährt und das Leben vereinfachen. Sie beziehen sich vor allem auf frühe Krankheitsstadien.

Zehn Punkte, auf die Sie beim Zusammenleben mit einem Alzheimer-Patienten achten sollten:

1. Information

Informieren Sie sich gründlich über das Thema Alzheimer. Was sind die Ursachen der Krankheit? In welchen Stadien verläuft sie? Welche Vorkehrungen sollten Sie in Ihrer Wohnung treffen, um Unfälle zu verhindern? Je mehr Sie über die Erkrankung wissen, desto sicherer sind Sie im Umgang mit dem Erkrankten.
Hilfreich sind hier unter anderem die Ratgeber und Broschüren der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e. V., die Sie unter www.alzheimer-forschung.de oder www.deutsche-alzheimer.de abrufen können.

2. Akzeptanz

Versuchen Sie nicht mit allen Mitteln, auf den Betroffenen einzuwirken und ihn zu ändern. Gegen Alzheimer haben Sie keine Chance. Nehmen Sie den Erkrankten so an wie er ist. Durch die Veränderungen in seiner geistigen Leistungsfähigkeit und Wahrnehmung lebt der Betroffene mehr und mehr in seiner eigenen Welt.

3. Eigenständigkeit

Halten Sie die Eigenständigkeit des Erkrankten so weit und so lange wie möglich aufrecht. Geben Sie Ihrem Angehörigen ein Maximum an Sicherheit, aber lassen Sie ihn auch gewähren und geniessen. Für sein Selbstwertgefühl braucht er eigene Erlebnis- und Aktivitätsräume. Sichern Sie mögliche Gefahrenquellen wie Gas- oder Elektrogeräte, Treppen und glatte Badewannen.

Bedenken Sie ausserdem: Leben ist immer mit Risiko verbunden. Finden Sie einen vernünftigen Kompromiss zwischen Sicherheit und Freiheit!

4. Kontinuität und Tagesstruktur

Behalten Sie liebe Gewohnheiten bei. Vertraute Menschen, Dinge und Erinnerungsstücke an die gemeinsame Vergangenheit sind für Demenz-Kranke wichtiger als die Gegenwart, in der sie sich nicht mehr zurechtfinden.

Besonders wichtig ist eine klare Tagesstruktur: Alzheimer-Patienten finden sich besser zurecht, wenn sie zu regelmässigen Zeiten morgens aufstehen und abends zu Bett gehen. Die Mahlzeiten sollten möglichst jeden Tag zur selben Zeit eingenommen werden. Ebenso empfehlenswert ist ein täglicher Spaziergang zu selben Zeit oder ein Besuch bei Freunden.

Das richtige Mass an Aktivität und Pausen gibt dem Tag eine Struktur, die das Vor-sich-hin-Dösen aus Langeweile verhindert. Denn das gäbe den Nervenzellen nur die Information: Kein Grund, sich anzustrengen.

5. Einfachheit, Klarheit

Alzheimer-Patienten brauchen eine einfache, überschaubare und unkomplizierte Umwelt. Bringen Sie in der Wohnung Hinweisschilder, farbige Kennzeichnungen und gut lesbare Uhren an. Sorgen Sie für ausreichende Beleuchtung in allen Räumen.

Schreiben Sie wichtige Mitteilungen nur in kurzen, verständlichen Sätzen. Verzichten Sie auf abstrakte Begriffe.

Gestalten Sie die Räume frei und offen, ohne verwirrende optische Reize.

6. Blicke, Gesten und Berührungen

Suchen Sie den emotionalen Kontakt über Blicke, Gesten und Berührungen. Versuchen Sie ohne Worte zu kommunizieren, wenn die sprachliche Verständigung immer schwieriger wird. Sie vermitteln so das Erlebnis von Nähe zwischen zwei Menschen und fördern die Speicherung von Informationen im Gehirn. Jede Information, die mit Gefühlen einhergeht, wird besser behalten.

7. Keine Verbote

Demenz-Kranke stossen oft an Grenzen und Ablehnungen, die sie kränken und nur schwer zu verarbeiten sind. Schlagen Sie Alternativen vor, statt Nein zu sagen. Dabei ist Ihre Fantasie gefragt.

8. Mut zum Streit

Kleinere Auseinandersetzungen mit Demenzkranken sind nicht unbedingt gefährlich. In ihnen drücken sich auch Lebendigkeit und intensive Empfindungen aus. Aber: Vermeiden Sie unsinnige Wortgefechte. Lösen Sie Konflikte durch Ablenkung und Zuwendung.

9. Gelassenheit

Reagieren Sie gelassen auf Ängstlichkeit oder Aggressivität Ihres Angehörigen und nehmen Sie sie nicht persönlich. Meistens sind die Patienten nur ratlos oder verunsichert - und wollen Sie keinesfalls schikanieren.

10. Vergessen Sie nicht sich selbst

Haushalten Sie mit Ihren Kräften. Wenn Sie sich Erholungspausen verschaffen oder Ihren eigenen Interessen nachgehen, ist das kein Grund für Schuldgefühle. Nur, wenn Sie sich selbst wertschätzen und pflegen, haben Sie ausreichend Energie, um Ihre Angehörigen auch über einen längeren Zeitraum versorgen zu können.

Holen Sie sich Hilfe von aussen. Das ist kein Eingeständnis von Unzulänglichkeit und Hilflosigkeit. Gespräche mit anderen Angehörigen, zum Beispiel in Selbsthilfegruppen, geben Anregungen und neuen Mut.

Alzheimer - die Stadien

Dr. med. Johannes Pichler, Facharzt für Neurologie
Senior, Männer

Langsamer Krankheitsverlauf

Alzheimer ist eine langsam fortschreitende Krankheit. Nachdem ein Patient die endgültige Diagnose erhalten hat, lebt er durchschnittlich noch sieben - mitunter aber auch noch 20 Jahre.

Es gibt in der Regel drei vorhersagbare Krankheitsstadien, die jeder Patient durchlebt, wobei jeder einzelne sie in unterschiedlichem Tempo und mit verschieden starken Symptomen durchschreitet. Besonders im frühen Stadium der Krankheit sind sich viele Patienten der Veränderung bewusst und sie müssen sich ständig neu anpassen. "Es ist, als ob man eine Gliedmasse verliert. Ständig muss man neu lernen, auf eine andere Weise zu leben", so beschreibt ein Patient seinen Umgang mit der Alzheimer-Krankheit.

Ärzte unterteilen den Verlauf der Krankheit in drei Stadien:

Erstes Stadium

Die ersten Anzeichen einer Alzheimer-Demenz sind von Patient zu Patient unterschiedlich, weil die Krankheit von unterschiedlichen Regionen des Gehirns ausgehen kann. Die meisten Alzheimer-Kranken bemerken zuerst die Vergesslichkeit - besonders wenn es um Dinge geht, die noch nicht lange zurückliegen. Unterhaltungen werden schwieriger: Namen von Menschen, gerade geführte Gespräche oder der eben gefasste Gedanke sind einfach vergessen. Auch einzelne Worte wollen während des Sprechens nicht einfallen (Wortfindungsstörungen) und müssen umständlich umschrieben werden. Demgegenüber bleiben Erinnerungen aus früheren Tagen und speziell aus der Kindheit noch lange erhalten (biographisches Altgedächtnis).

Viele Betroffenen versuchen zu Beginn ihre Schwierigkeiten mit Ausreden oder Rückzug vor anderen geheim zu halten. Oft schämen sie sich für ihre Leistungseinbussen - auch Depressionen können auftreten.

Zweites Stadium

Konnte bisher die Krankheit immer wieder ignoriert werden, ist dies nun nicht mehr möglich. Von diesem Zeitpunkt an werden die meisten Kranken im Alltag in zunehmendem Masse Hilfe von Angehörigen und Pflegekräften brauchen. Das selbstständige Erledigen alltäglicher Aufgaben wie Baden und Anziehen wird schwierig. Die Patienten vergessen zum Beispiel die richtige Reihenfolge von Abläufen oder erledigen Aufgaben nur noch unvollständig. Auch einfache mathematische Rechnungen sind nicht mehr möglich.

Die Gedächtnisprobleme treten mehr und mehr in den Vordergrund. Bücher, Zeitungen oder Fernsehsendungen werden nicht mehr verstanden. Das Urteilsvermögen der Patienten ist beeinträchtigt. So kann es kommen, dass ein Alzheimer-Kranker im Hochsommer zum Wintermantel greift.

Bei einigen Betroffenen führen schon kleine Veränderungen fremder Umgebung zu Orientierungslosigkeit: Zum Beispiel lenken Schmutz auf der Windschutzscheibe des Autos, ein sich bewölkender Himmel oder das Zwielicht der Dämmerung immer wieder vom Plan, nach Hause gehen zu wollen, ab. Die Betroffenen finden ihren Heimweg nicht mehr.

Möglich sind auch Veränderungen der Persönlichkeit: Einige Charakterzüge verändern sich, verschwinden oder treten übertrieben zu Tage. Etwa wenn sparsame Personen auf einmal verschwenderisch und sorglos mit Geld umgehen. Starke Stimmungsschwankungen begleiten oft die Veränderungen der Persönlichkeit (Affektlabilität).

Viele Betroffene fühlen sich oft rastlos und in Aufruhr. Sie entwickeln etwa den Hang, nachts umherzuwandern. So verlassen sie teilweise in der Nacht die Wohnung und irren in der Stadt umher. Werden sie dann von der Polizei aufgegriffen und sind nicht in der Lage, ihren Namen, Adresse und das aktuelle Datum anzugeben, werden sie häufig direkt von der Polizeiwache aus stationär eingewiesen.

Ab einem bestimmten Punkt scheinen die meisten Anforderungen so erdrückend, dass manche Patienten mit Ãœberreaktionen, Zornesausbrüchen bis hin zu Schlägen reagieren.

Drittes Stadium

In diesem Stadium sind die Patienten vollkommen abhängig. Das Gedächtnis ist stark eingeschränkt, die Sprache beschränkt sich auf wenige Worte. Sie sprechen die Worte der Pflegepersonen immer wieder nach (Echolalie) oder wiederholen von sich aus immer wieder die gleichen Worte oder Wortteile (Palilalie). Dann werden auch diese immer unverständlicher, bis die Betroffenen überhaupt nicht mehr sprechen (dementieller Sprachzerfall).

Die motorischen Fähigkeiten verschlechtern sich zusehends, bis die Patienten schliesslich nicht mehr laufen oder aufrecht sitzen können. Stürze mit schweren Verletzungen sind häufig, weil die reflexhaften Abstützreaktionen der Arme nicht mehr funktionieren. Die Glieder und Gelenke werden immer starrer. Harn- und Stuhlinkontinenz sind häufig Teil der Symtomatik.

Die meisten der früheren Symptome von innerer Unruhe, Rastlosigkeit und Depressionen gehen in eine teilnahmslose Apathie über. Auch Ängste und Wahnvorstellungen bilden sich zurück oder können einfach nicht mehr ausgedrückt werden. Alzheimer-Patienten im fortgeschrittenen Stadium bewegen sich nicht mehr, ohne von anderen dazu aufgefordert zu werden. Kauen und Schlucken wird schwieriger, bis es schliesslich gar nicht mehr geht. Die Alzheimer-Kranken nehmen sich selbst und Ihre Umgebung kaum noch wahr.

Broschürentipps: Zu beziehen bei der Alzheimer Forschung Initiative e.V. (http://www.alzheimer-forschung.de/web/publikationen/index.htm)

  • Diagnose Alzheimer: Ehrliche Antworten gibt dieser Ratgeber für Alzheimer-Patienten im frühen Stadium.
  • Leben mit der Alzheimer Krankheit: Der Ratgeber enthält wesentliche Tipps für Betroffene und Angehörige. So können sie lernen, mit der Krankheit besser umzugehen.
  • Sicher wohnen: Wenn Alzheimer-Patienten weglaufen. Die Broschüre fasst zusammen, wie man dem Weglaufen vorbeugt und was zu tun ist, wenn ein Patient trotz Vorsichtsmassnahmen vermisst wird.