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Asperger-Syndrom - Symptome

Fabian Seyfried
Dr. med. Felicitas Witte

Die Symptome eines Asperger-Syndroms zeigen sich meist erst nach dem dritten Lebensjahr. Der frühkindliche Autismus fällt in der Regel schon vor dem dritten Geburtstag auf. Bei einigen Betroffenen mit geringen Auffälligkeiten wird das Asperger-Syndrom nie diagnostiziert.

Menschen mit Asperger-Syndrom haben meist ein geringeres Interesse an sozialem Kontakt mit anderen. Sie zeigen ein geringeres Einfühlungsvermögen (Empathie), können also die Gedanken und Gefühle ihrer Mitmenschen schlecht nachempfinden. Im Gegensatz zum frühkindlichen Autismus lernen Menschen mit Asperger-Syndrom früh sprechen: Meist beginnen sie noch vor dem freien Laufen damit. Allerdings reden die Kinder wann sie wollen, und sie passen sich nicht an ihre Zuhörer an. Häufig führen sie Selbstgespräche. Im Gegensatz zu Kindern mit frühkindlichem Autismus zeigen Asperger-Kinder keine typischen Sprachauffälligkeiten wie Echolalie oder eine Umkehr der Sprachpronomina. Menschen mit Asperger-Syndrom meiden oft direkten Augenkontakt und können nonverbale Signale bei Gesprächspartnern schwerer deuten.

Spezielle, leidenschaftliche Interessen sind für die Betroffenen typisch. Beispielsweise eine intensive Beschäftigung mit bestimmten naturwissenschaftlichen Fakten oder musikalischen Motiven. Wenn sie bei diesen Hobbies gestört werden, reagieren Menschen mit Asperger-Syndrom häufig heftig. Sie bevorzugen möglichst gleichbleibende Tagesabläufe und sind von plötzlichen Veränderungen schnell überfordert.

Die motorischen Bewegungsabläufe können beim Asperger-Syndrom ungelenk wirken. Sowohl grob- als auch feinmotorisch verhalten sich Betroffene oft ungeschickt.

Nur selten ist die Intelligenz von Menschen mit Asperger-Syndrom beeinträchtigt. Gerade in den Bereichen ihrer Spezialinteressen können sie aussergewöhnliche Fähigkeiten und ein grosses Detailwissen aufbieten. Viele Betroffene können sehr logisch und abstrakt denken. Manchmal haben sie auf bestimmten Wissensgebieten Kenntnisse wie ein Lexikon, das sie jedoch praktisch nicht anwenden können. Es ist lediglich ein "Wissensspeicher". Menschen mit extrem ausgeprägten Spezialfähigkeiten werden auch als Savants bezeichnet, sie sind jedoch auch unter Personen mit Asperger-Syndrom äusserst selten.

Trotz ihrer guten Intelligenz sind Menschen mit der Störung oft schlechte Schüler, weil sie oft von ihren eigenen Gedanken abgelenkt sind.

Asperger-Syndrom - Diagnose

Fabian Seyfried
Dr. med. Felicitas Witte

Das Asperger-Syndrom ist oft nur schwer von anderen Auffälligkeiten abzugrenzen. Dies sind vor allem andere tiefgreifende Entwicklungsstörungen, Zwangsstörungen, zwanghafte Persönlichkeitsstörungen, schizotype oder schizophrene Störungen. Die Diagnose kann ein Experte nur im Rahmen einer ausführlichen Untersuchung stellen. Am besten ist ein Besuch bei einem Facharzt oder einer Fachärztin für Psychiatrie oder Psychotherapie, mit Kindern bei einem Arzt oder einer Ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Zu einer ausführlichen Untersuchung gehören:

  • Gespräch mit Patient und Angehörigen
  • Informationen über frühere oder Begleitkrankheiten
  • Berichte und Befunde anderer Ärzte
  • Psychologische Tests
  • Informationen von anderen Personen, die den Patienten kennen (Eltern, Lehrer, Geschwister, Freunde, Erzieher, Therapeuten etc.)
  • Gründliche psychiatrische Untersuchung

Der Arzt fragt den Betroffenen und die Angehörigen nach typischen Symptomen des Asperger-Syndroms. Besonders interessant ist dabei die Kindheit, in der viele Auffälligkeiten klarer zutage treten. Kinder mit der Entwicklungsstörung spielen oft weniger fantasievoll als Gleichaltrige. Es fällt ihnen schwer, spontan ausgedachte Geschichten zu erzählen oder aufzuschreiben.

Im Gespräch mit dem Arzt fällt häufig auf, dass die Mimik und Melodie der Sprache sehr gleichförmig sind. Erzählungen von Erlebnissen sind ausgesprochen detailliert, trennen jedoch nicht das Wichtige vom Unwichtigen. Auf ein Lächeln oder emotionale Bemerkungen reagieren Menschen mit Asperger-Syndrom seltener, direkten Blickkontakt vermeiden sie. Gleichzeitig ist der Sprachstil oft sehr geschliffen und ausgefeilt.

Schwierig kann die Diagnose bei Erwachsenen sein. Manche erinnern sich nur lückenhaft an ihre Kindheit. Hier können Angaben der Geschwister oder der Eltern helfen. Bei der Untersuchung fällt dem Arzt häufig auf, dass Erwachsene mit Asperger-Syndrom ärztliche Anweisungen nicht beachten. Sie wirken unbeholfen und scheinen sich im Sprechzimmer nicht orientieren zu können. Sie sprechen monoton und ihre Mimik kann erstarrt wirken. Ihr Sprachstil ist allerdings grammatikalisch oft ausgefeilt und das, was sie sagen, kann wie Passagen in einem Lexikon klingen. Sie meiden wie die Kinder häufig Blickkontakt. Oft sehen sich die Patienten während des Gesprächs mit dem Arzt im Zimmer um. Sie erzählen häufig sehr detailliert und haben Schwierigkeiten, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden. Lächeln oder humorvolle Bemerkungen ihrer Gesprächspartner erwidern sie oft nicht.

Fragebögen können helfen, das Asperger-Syndrom festzustellen. Für Kinder gibt es beispielsweise die Australian Scale for Asperger's Syndrome (ASAS), für Erwachsene den "Adult Asperger Assessment" (AAA). Die Homepage des Selbsthilfevereins Aspergia (www.aspergia.de) bietet verschiedene Tests zum Asperger-Syndrom. Diese Tests können eine grobe Orientierung bieten, sie ersetzen jedoch nie das ausführliche Gespräch mit dem Arzt.

Asperger-Syndrom - Therapie

Fabian Seyfried
Dr. med. Felicitas Witte

Nicht jedes Asperger-Syndrom besitzt "Krankheitswert" und muss behandelt werden. Bei bestimmten Beschwerden und vor allem bei Begleitkrankheiten, bietet sich eine Behandlung mit mehreren Therapiebausteinen an, bestehend aus Psychotherapie und Medikamenten. Das Asperger-Syndrom lässt sich bislang nicht heilen. Der Krankheitswert des Asperger-Syndroms hängt vom Ausmass der Symptome und dem Leidensdruck des jeweiligen Menschen ab.

Verschiedene Behandlungskonzepte versuchen, die alltäglichen Schwierigkeiten zu mildern und Verhaltensmassnahmen für den Alltag zu trainieren. So können sich Menschen mit Asperger-Syndrom zum Beispiel immer wieder vornehmen, andere Personen im Gespräch anzuschauen oder anzulächeln. Andere Massnahmen zielen darauf ab, zwanghafte Verhaltensweisen und Rituale im Alltag zu reduzieren und flexibler zu werden.

Unter den verhaltenstherapeutischen Techniken empfehlen Experten unter anderem die Programme ABA (Applied Behavior Analysis), TEACCH (Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped CHildren) sowie deren Kombination. ABA trainiert gewünschte Verhaltensmuster durch häufige Wiederholungen. Der Therapeut setzt dabei positive Verstärker und Belohnungen (Nahrungsmittel, Spielzeug) zur Motivation ein. TEACCH unterstütz Menschen mit Asperger-Syndrom beim Lernen neuer Informationen. Das Programm strukturiert die Lerninhalte passend zu den Vorlieben und Fähigkeiten der Betroffenen. Beispielsweise können ihnen detaillierte Tagespläne helfen, sich wesentliche Aufgaben richtig einzuteilen und nicht so leicht aus dem Konzept bringen zu lassen.

Zusätzlich können Elterntraining, soziales Kompetenz-Training, Ergo- und Physiotherapie sowie Logopädie bei Sprachproblemen helfen. Ein Small-Talk-Training bringt Teenagern und Erwachsenen bei, richtig auf typische Gesprächssituationen zu reagieren. Das baut Hemmungen vor alltäglicher zwischenmenschlicher Kommunikation ab.

Wenn parallel zum Asperger-Syndrom andere Krankheiten auftreten, werden unter Umständen Medikamente oder andere Therapien eingesetzt, zum Beispiel bei erheblichen Unruhezuständen Neuroleptika oder Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) bei Depressionen.