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Syphilis ist eine sexuell übertragbare Krankheit, die durch das Bakterium Treponema pallidum verursacht wird. Die Geschlechtskrankheit, die auch unter den Bezeichnungen "Lues" oder "harter Schanker" bekannt ist, macht sich anfangs durch gerötete Geschwüre im Genital- oder Mundbereich sowie Lymphknotenschwellungen bemerkbar. Unbehandelt verläuft Syphilis in mehreren Stadien, wobei im ersten und zweiten Stadium eine Spontanheilung möglich ist. Bleibt eine Therapie aus, kann die Erkrankung chronisch werden und schliesslich sogar tödlich verlaufen.


Weltweit kommt es jährlich zu etwa zwölf Millionen Neuerkrankungen. In Westeuropa ging die Zahl der Syphilisfälle gegen Ende der 1980er-Jahre infolge intensiver HIV-Aufklärungskampagnen zurück, steigt jedoch seit 2001 wieder an. Wurden in Österreich im Jahr 1993 noch 124 Syphilisfälle gemeldet, waren es 2006 mit 267 mehr als doppelt so viele. Seitdem sind die Zahlen der erfassten Neuerkrankungen weiter gestiegen: 2007 auf 441 und 2008 auf 551 Fälle. Am häufigsten betroffen sind Menschen im Alter von 30 bis 40 Jahren, wobei Männer häufiger erkranken als Frauen.


Wie kann man sich mit Syphilis anstecken?

Syphilis wird hauptsächlich durch ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen, und zwar auch durch Sexualpraktiken wie Oral- und Analverkehr. Die Verwendung von Kondomen ist daher die effektivste Möglichkeit, sich vor Syphilis zu schützen. Ãœbertragungen durch Bluttransfusionen oder verunreinigte Nadeln sind möglich, aber extrem selten. Auch eine Ansteckung des ungeborenen Kindes im Mutterleib ist möglich.


Wie verläuft Syphilis?

Syphilis verläuft unbehandelt in vier Stadien, wobei auch eine Spontanheilung möglich ist. Ohne Therapie werden also nicht notwendiger Weise alle vier Stadien durchlaufen. Während die Syphilis in den Stadien I und II zum Teil hochansteckend ist, ist die Infektiosität danach wesentlich geringer. Das dritte und das vierte Stadium treten aufgrund der guten therapeutischen Möglichkeiten jedoch heute nur noch sehr selten auf. Die Zeit von der Ansteckung bis zum Krankheitsausbruch (Inkubationszeit) beträgt mindestens zehn, längstens 90 Tage und liegt im Durchschnitt bei zwei bis drei Wochen.
Primärstadium
Die ersten Symptome der Syphilis treten vorwiegend nahe der Eintrittsstelle der krankheiterregenden Bakterien auf, also an Penis, Schamlippen oder Gebärmutterhals. Durch Oral- und Analverkehr können sich die Geschwüre auch an den Lippen, in der Mundhöhle, im Rachen sowie am After und im Rektum manifestieren. Zu Beginn entsteht ein dunkelroter Fleck, der sich in ein gerötetes Geschwür mit verhärteten Rändern entwickelt. Dieses Geschwür sondert eine farblose Flüssigkeit ab, die Krankheitserreger in grosser Menge enthält. Das Geschwür, das aufgrund der harten Ränder auch als "harter Schanker" bezeichnet wird, ist zumeist schmerzlos. Im Verlauf der folgenden Wochen entstehen im Bereich des Geschwürs Lymphknotenschwellungen, die ebenfalls schmerzlos sind.

Das Geschwür kann auch ohne Behandlung nach vier bis sechs Wochen von selbst abheilen. Bei 60 bis 70 Prozent der Betroffenen ist das Geschwür das einzige Krankheitszeichen.
Sekundärstadium
Im zweiten Stadium, etwa acht Wochen nach der Ansteckung, breitet sich die Syphilis über die Blut- und Lymphbahnen im Körper aus. In diesem Stadium sind fast alle Organsysteme betroffen. Zu Beginn können Fieber, Müdigkeit, Kopf-, Gelenks- oder Muskelschmerzen auftreten. Gleichzeitig besteht fast immer eine harte Schwellung der Lymphknoten. Die meisten Erkrankten entwickeln zehn Wochen nach der Ansteckung einen nicht-juckenden, masernähnlichen Hautausschlag (Syphilid). Nach einigen Tagen entstehen aus den Flecken Knötchen mit rotbräunlicher Farbe, die zum Teil auch Schuppen bilden. Dieser Hautausschlag kann am gesamten Körper auftreten, charakteristisch ist er jedoch an den Handflächen und Fusssohlen. Weitere mögliche Symptome sind mottenfrassartiger Haarausfall, himbeerförmige, gutartige Tumore auf der Kopfhaut, Plaques in den Mundhöhlen und derbe Hautknoten in den Achselfalten. All diese Symptome verschwinden nach ca. vier Monaten wieder, können unbehandelt aber immer wieder auftreten.

Nach dem Sekundärstadium sind die Betroffenen für gewöhnlich ein bis drei Jahre beschwerdefrei. Dieser Ruhezustand wird als Lues latens bezeichnet. In manchen Fällen dauert die Lues latens einige Jahrzehnte, eventuell sogar lebenslang. Während dieser Latenzzeit befinden sich die Krankheitserreger unverändert im Körper. Somit sind die Betroffenen immer noch ansteckend, wobei die Ansteckungsgefahr zurückgeht, je länger die Latenzzeit anhält. Eine Ausnahme bilden HIV-Patienten, bei denen ein direkter Ãœbergang vom Sekundär- ins Tertiärstadium ohne Latenzzeit möglich ist.
Tertiärstadium
Bei Ausbleiben der Behandlung kann es zum dritten Stadium der Krankheit kommen. Es bilden sich gummiartige, verhärtete Knötchen, die zu grossen Hautgeschwüren zusammenwachsen. Diese für das Tertiärstadium der Syphilis typischen Hautveränderungen werden in der Fachsprache auch als "Gummen" bezeichnet.

Bei etwa zehn Prozent aller Unbehandelten entstehen circa 30 Jahre nach der Infektion Knoten an der Hauptschlagader. Diese Spätkomplikation der Syphilis ist besonders gefährlich, weil es zu einer Erweiterung der Hauptschlagader (Aortenaneurysma) kommen kann. Reisst das Aortenaneurysma, verblutet der Betroffene innerlich.
Neurolues
Im vierten Stadium steht die Erkrankung des zentralen Nervensystems (Neurolues) im Vordergrund. Etwa 25 Prozent der unbehandelten Personen erkranken an chronischer Gehirnentzündung, die zu geistigem Abbau und Demenz führt. Das Rückenmark und seine austretenden Nerven werden so stark geschädigt, dass es zu Schmerzen in Armen und Beinen, Gangschwierigkeiten bis hin zur Lähmung sowie zu Störungen der Blasen- und Darmentleerung kommt. Da die Syphilisbakterien in diesem Stadium vorwiegend das Grosshirn befallen, können auch kurzfristige Persönlichkeitsveränderungen, Krämpfe und Koma auftreten.

Eine mittlerweile selten gewordene Form der Syphilis ist die angeborene Syphilis, im Fachjargon Lues connata. Da im Rahmen der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen ein Syphilis-Screening stattfindet, wird die Krankheit zumeist rechtzeitig erkannt und therapiert. Prinzipiell ist die Plazenta etwa ab der 12. Schwangerschaftswoche für die Treponema-pallidum-Bakterien durchgängig. Je kürzer die Infektion der Mutter zurückliegt, umso höher die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung des Fötus. Infiziert sich die Mutter während der Schwangerschaft, beträgt die Ãœbertragungsrate bis zu 100 Prozent.

Wird die Schwangere keiner Therapie zugeführt, kommt es bei 30 bis 40 Prozent der Schwangerschaften zu Fehl- oder Frühgeburten. Ein wesentlicher Anteil der Kinder ist bei der Geburt unauffällig, erkrankt aber innerhalb der ersten acht Monate.


Wie wird die Diagnose gestellt?

Am Anfang erhebt der Arzt oder die Ärztin die Krankengeschichte (Anamnese). Bereits die Schilderung der typischen Krankheitszeichen kann einen entscheidenden Hinweis auf die Erkrankung geben. Anschliessend folgt eine körperliche Untersuchung.

Im ersten Stadium der Syphilis können die Treponema-pallidum-Bakterien anhand eines Abstrichs vom Geschwür nachgewiesen werden. Bei Verdacht auf Syphilis bringt eine Blutuntersuchung Sicherheit. Befürchtet man, dass sich die Erreger auf das zentrale Nervensystem ausgebreitet haben, wird auch eine Probe der Rückenmarksflüssigkeit entnommen.


Wie wird Syphilis behandelt?

Seit der Entdeckung des Penicillins 1928 ist Syphilis behandelbar und heilbar. Bei einer Penicillin-Allergie werden andere Antibiotika (z.B. Cephalosporine, Tetrazykline, Makrolide) verwendet. Erkrankungen, die sich im Primär- und Sekundärstadium befinden, werden zwei Wochen lang mit Antibiotika bekämpft. Dabei wird ein- oder zweimal ein lange wirksames Penicillin gespritzt. Die späten Formen der Syphilis werden mindestens drei Wochen lang behandelt, die Neurolues zudem mit wesentlich höheren Dosen. Als häufigste Nebenwirkungen der Therapie treten grippeähnliche Symptome (Schüttelfrost, Fieber, Kopfschmerzen) auf. Im Anschluss an die Therapie wird nach jeweils drei, sechs, neun und zwölf Monaten eine Nachuntersuchung (körperliche Untersuchung und Blutabnahme) durchgeführt.

Da bis zu 60 Prozent aller Sexualpartner von Betroffenen ebenfalls infiziert sind, ist eine Untersuchung des Partners bzw. der Partner unbedingt notwendig. Ist man im ersten Stadium erkrankt, sollte man alle Sexualpartner der vergangenen drei Monate informieren. Befindet man sich bereits im zweiten Stadium, müssen alle Sexualpartner der letzten zwei Jahre informiert werden.


Prognose

Unbehandelt kommt es bei 33 bis 50 Prozent der Betroffenen zu einer Heilung. Demgegenüber steht jedoch ein Anteil von etwa zehn Prozent, die ohne Behandlung versterben. Die Prognose ist im Allgemeinen umso besser, je früher die Therapie erfolgt. Wird die Syphilis bereits im ersten oder zweiten Stadium mit Antibiotika behandelt, heilt sie fast immer folgenlos aus. Auch im tertiären Stadium ist die Behandlung in der Regel wirksam, bereits eingetretene Organschäden sind jedoch meist nicht mehr rückgängig zu machen. Im vierten Stadium ist die Prognose schlecht.