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Die Abkürzung HIV steht für die englische Bezeichnung "Human Immunodeficiency Virus" - ein Begriff, der sich mit "menschliches Immunschwäche-Virus" übersetzen lässt. HIV ist also zunächst einmal der Name des Erregers einer Infektion, die zu einer Schwächung der menschlichen Immunabwehr führt. Das Vollbild dieser Erkrankung wird "Acquired Immune Deficiency Syndrome" (erworbenes Immunschwächesyndrom) genannt, kurz Aids. 


HIV und Aids werden fälschlicherweise oftmals gleichgesetzt. Eine Infektion mit dem HI-Virus ist zwar stets die Ursache von Aids, doch längst nicht jeder HIV-Infizierte leidet an der erworbenen Immunschwäche. Das gilt umso mehr, als es mittlerweile medikamentöse Therapien gibt, die es Betroffenen ermöglichen, über Jahre und sogar Jahrzehnte mit einer HIV-Infektion zu leben, ohne die lebensbedrohliche Immunschwächekrankheit zu entwickeln.


Wie viele Menschen sind betroffen?



Dass die ersten Fälle von AIDS in den USA auftraten und das HI-Virus fast gleichzeitig von zwei Forschergruppen entdeckt wurde, liegt nur etwas mehr als 25 Jahre zurück. Seitdem hat sich die HIV-Infektion zu einer Länder und Kontinente überspannenden Krankheit entwickelt, die zu den grössten medizinischen Problemen unserer Zeit zählt: Laut Welt-AIDS-Bericht der Vereinten Nationen waren Ende des Jahres 2008 mindestens 33,4 Millionen Menschen mit dem HI-Virus infiziert. 2,7 Millionen Menschen infizierten sich allein 2008 neu mit HIV, zwei Millionen fielen im selben Zeitraum der Immunschwäche zum Opfer.

Im Jahr 2009 wurden in Österreich 507 Neuinfektionen festgestellt, das bedeutet, dass sich jeden Tag ein bis zwei Menschen mit HIV anstecken. Die Infektion erfolgt ausschliesslich über virushaltige Körperflüssigkeiten, wie Blut, Sperma und Vaginalsekret. Weitaus am häufigsten wird das HI-Virus beim ungeschützten Geschlechtsverkehr mit einem infizierten Partner oder einer infizierten Partnerin übertragen. Heterosexueller Geschlechtsverkehr zwischen Männern und Frauen zeichnet anteilsmässig für den grössten Teil der HIV-Infektionen verantwortlich.

Einen nicht unerheblichen Prozentsatz der Betroffenen machen Drogenabhängige aus, die sich bei der intravenösen Verabreichung von Drogen durch kontaminierte Spritzen angesteckt haben. Darüber hinaus können HIV-positive Mütter das Virus während Schwangerschaft und Geburt auf das Kind übertragen. Auch eine Ansteckung über die Muttermilch ist möglich.


Welche Auswirkungen hat eine HIV-Infektion?

Das HI-Virus gehört zu den sogenannten Retroviren. Um sich zu vermehren, integriert dieser Virustyp sein Erbgut in jenes der Wirtszelle. Die Wirtszelle wird dadurch so umprogrammiert, dass sie selbst die Bestandteile für neue Viruspartikel herstellt. Das HI-Virus befällt T-Helferzellen und hier insbesondere die sogenannten CD4-Lymphozyten oder CD4-Zellen.

Die CD4-Lymphozyten zählen zu den weissen Blutkörperchen (Leukozyten) und haben eine entscheidende Rolle in der Koordinierung der Immunabwehr. Das HI-Virus zerstört einen gewissen Anteil der T-Helferzellen direkt, darüber hinaus beeinträchtigt es deren Funktionen. Je weniger funktionstüchtige CD4-Zellen sich im Blut finden, desto schwerer ist das Immunsystem in Mitleidenschaft gezogen.

Mit Fortschreiten der Erkrankung nimmt die Zahl und die Funktionsfähigkeit der Helferzellen immer weiter ab, was dazu führt, dass das Immunsystem immer weniger in der Lage ist, den Organismus vor Krankheiten zu schützen. Als Folge kommt es zu einer dramatischen Verschlechterung des Gesundheitszustands und bei Ausbleiben einer Behandlung letztlich zum Tod des Betroffenen.


Wie können HIV-Infektionen verlaufen?

Gelangt das HI-Virus in den Körper, löst es eine Abwehrreaktion aus. Die dabei gebildeten Immunstoffe (Antikörper) sind aber nicht in der Lage, das Virus zu eliminieren - es verbleibt lebenslang im Körper. Nach der Ansteckung vermehrt sich der Erreger zunächst explosionsartig. Oft verläuft diese frühe Krankheitsphase von den Betroffenen unbemerkt. Nur bei 25 bis knapp 50 Prozent der Neuinfizierten entwickelt sich Tage bis Wochen nach der Ansteckung die sogenannte akute HIV-Krankheit.

Häufigste Symptome sind Fieber, Kopf- und Gelenkschmerzen, Schwellungen der Lymphknoten, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, allgemeines Krankheitsgefühl, Appetitverlust, Entzündungen im Mund- und Rachenbereich sowie Durchfall und manchmal ein flüchtiger Hautausschlag. Nach zwei, drei Wochen verschwinden diese Beschwerden wieder. Am Ende dieser Phase hat sich die Zahl der T-Helferzellen wieder erholt und die Virusmenge im Blut ist oft so gering, dass sich der Erreger nicht einmal nachweisen lässt.

Daran schliesst sich die Latenzphase an. Ohne therapeutische Intervention dauert sie im Durchschnitt rund zehn Jahre. In dieser Phase sind die Betroffenen frei von HIV-bedingten Krankheitserscheinungen, weil die körpereigene Abwehr das Virus weitgehend unter Kontrolle halten kann. Nichtsdestotrotz muss sich das Immunsystem tagtäglich mit den HI-Viren auseinandersetzen, und irgendwann verliert es diesen Kampf: Die Viruslast nimmt zu, die Zahl der T-Helferzellen ab.

Diese zunehmende Schwächung des Immunsystems läutet die symptomatische Phase ein. Zunächst zeigt sich die schwindende Funktionsfähigkeit der Abwehr in Form von relativ unspezifischen Beschwerden wie Nachtschweiss, ungewolltem Gewichtsverlust, Fieberschüben und Durchfall. Vergleichsweise viele Betroffene leiden zudem an Pilzinfektionen der Schleimhäute (z.B. Mundhöhle), anderen Hauterscheinungen (z.B. Gürtelrose) sowie Lymphknotenschwellungen.

Wird das Immunsystem noch weiter geschwächt, ist es nicht mehr in der Lage, Krankheitserreger abzuwehren, die für gesunde Menschen an sich keine Gefahr darstellen. Dann entwickeln die Betroffenen sogenannte AIDS-definierende Erkrankungen. Als "Acquired Immune Deficiency Syndrome" wird somit eine definierte Gruppe von Krankheiten bezeichnet, die für ein fortgeschrittenes Stadium der HIV-Infektion charakteristisch sind.

Dazu gehören beispielsweise die Pneumozystis-Pneumonie, eine Form der Lungenentzündung, Pilzerkrankungen oder Infektionen mit Viren wie Herpes zoster oder Herpes simplex. Auch Krebserkrankungen werden durch die Immunschwäche begünstigt. Darüber hinaus schädigt HIV auch Gehirn und Nervensystem, was zu Hirnleistungsstörungen führt, die langsam und unauffällig beginnen. Ist das Vollbild AIDS erreicht, sterben die Betroffenen ohne Therapie früher oder später an einer bzw. einer Kombination dieser opportunistischen Erkrankungen.


Wie wird eine HIV-Infektion festgestellt?

Das wichtigste diagnostische Werkzeug zum Nachweis einer Infektion mit dem Virus ist der HIV-Test, häufig auch - nicht ganz korrekt - AIDS-Test genannt. Bei diesem Verfahren wird im Blut nach Antikörpern gegen das HI-Virus gesucht.

Allerdings dauert es nach einer Infektion vier Wochen bis drei Monate, bis sich so viele Abwehrstoffe gebildet haben, dass sie auch nachgewiesen werden können. Das heisst: Ein negatives Testergebnis - "negativ" bedeutet in diesem Fall, dass keine Viren nachgewiesen werden können - schliesst eine Infektion somit nur dann aus, wenn die letzte Situation, die mit einem Infektionsrisiko verbunden war, drei Monate zurückliegt.

In der Diagnostik wird zuerst stets ein Suchtest auf HIV-Antikörper durchgeführt. Ist dieser "positiv" - das bedeutet, es wurden Antikörper gegen das HIV-Virus nachgewiesen - muss das Ergebnis durch einen weiteren Text abgesichert werden. Bei diesem Bestätigungstest wird nun ein anderes Verfahren benutzt, der sogenannte Western-Blot. Fällt das Ergebnis auch hier positiv aus, ist eine HIV-Infektion so gut wie sicher.

Neben der Suche nach Abwehrstoffen gegen den Erreger ist es auch möglich, das Virus selbst oder einen seiner Bestandteile nachzuweisen. Diese Methode wird aber in erster Linie eingesetzt, um den Verlauf der Infektion und den Erfolg einer Behandlung zu kontrollieren.

Das österreichische Gesetz sieht vor, dass niemand ohne seine Einwilligung auf das HI-Virus getestet werden darf. Anonym und kostenlos kann man den HIV-Test etwa bei einer der österreichischen AIDS-Hilfen durchführen lassen. Auch niedergelassene Medizinerinnen und Mediziner oder Krankenhäuser bieten den Test an.


Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

1987 wurde mit Azidothymidin das erste Mittel gegen HIV zugelassen - ein entscheidender Durchbruch im damals beinahe aussichtslos erscheinenden Kampf gegen die sich rasant ausbreitende Krankheit. Inzwischen gibt es über 20 Medikamente, die zur Behandlung der Infektionskrankheit eingesetzt werden. Nichtsdestotrotz ist eine Heilung in dem Sinne, dass das Virus vollständig aus dem Körper entfernt wird, bis heute nicht möglich. Der Grund hierfür liegt darin, dass alle bis dato verfügbaren Medikamente nur dann eine Wirkung entfalten, wenn die Viren sich vermehren. Befinden sich die Erreger in der Ruhephase, sind sie nicht angreifbar.

Das Ziel der gegenwärtigen HIV-Behandlung besteht somit darin, die Vermehrung der Viren zu unterdrücken. Wenn kaum noch Viren produziert werden, wird das Immunsystem entlastet und es können sich neue T-Helferzellen bilden. Standardtherapie ist derzeit die kombinierte Gabe von mindestens drei Wirkstoffen. Die Substanzen, die im Rahmen dieser hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) zum Einsatz kommen, greifen teils an verschiedenen Stellen in den Vermehrungszyklus von HIV ein, was die Effizienz der Therapie erhöht.

Um die für den jeweiligen Patienten optimale Medikamentenkombination zu ermitteln, sind regelmässige Kontrolluntersuchungen erforderlich, bei denen die Viruslast im Körper der Betroffenen bestimmt wird. Auch Nebenwirkungen der antiretroviralen Therapie - wie Ãœbelkeit, Erbrechen und Durchfall - werden bei den Kontrollen erfasst und gegebenenfalls mit zusätzlichen Medikamenten behandelt.

Dank der modernen Medikamente haben HIV-infizierte Patientinnen und Patienten heute gute Chancen, viele Jahre oder sogar Jahrzehnte mit dem Virus zu leben - ohne grössere gesundheitliche Probleme und bei guter Lebensqualität. Auch wenn bereits Symptome aufgetreten sind, können sich diese unter Therapie wieder zurückbilden. Unabdingbar für den Behandlungserfolg ist allerdings, dass die Betroffenen ihre Medikamente konsequent und nach den Vorgaben von Arzt oder Ärztin einnehmen, und zwar ein Leben lang. Denn nur so ist gewährleistet, dass die Wirkstoffe sich stets in ausreichend hoher Konzentration im Blut befinden. Sinkt der Wirkspiegel durch eine unregelmässige Einnahme oder eigenmächtige Therapiepausen ab, kann dies einerseits zu einer starken Vermehrung der Viren und damit zu einem Krankheitsschub führen. Andererseits wird auf diese Weise die Entwicklung von Resistenzen gefördert. Das bedeutet, dass das Virus eine zunehmende Widerstandsfähigkeit gegen Arzneimittel entwickelt, die in der HIV-Therapie zum Einsatz kommen.

Der optimale Zeitpunkt für den Therapiebeginn sorgt auch in Fachkreisen nach wie vor für Diskussionen. Lange Zeit galt ein Absinken der CD4-T-Helferzell-Zahl auf unter 200 pro Mikroliter als Indikation für die Behandlung. Inzwischen wird der Grenzwert von Expertinnen und Experten und auch in verschiedenen Leitlinien eher bei 350 Zellen pro Mikroliter angesetzt. Einigkeit besteht darin, dass mit der Therapie begonnen werden sollte, bevor es zu HIV-assoziierten Erkrankungen kommt. Gemäss den Leitlinien sollten HIV-Patienten von auf das Krankheitsbild spezialisierten Ärzten und Einrichtungen betreut und behandelt werden. Schwerpunktambulanzen und -praxen gibt es heutzutage in vielen grösseren Städten.


Was kann man tun, um einer HIV-Infektion vorzubeugen?

Es gibt nicht viele Krankheiten, bei denen die Vorbeugung so wichtig und gleichzeitig so einfach zu bewerkstelligen ist wie bei der HIV-Infektion. Das Um und Auf ist es, sich selbst und andere so gut wie möglich vor einer Ansteckung zu schützen.

Ãœbertragungsweg ist der Kontakt mit virushaltigen Körperflüssigkeiten, wie Sperma, Blut oder Vaginalsekret. Insbesondere wenn diese mit Schleimhäuten in Berührung kommen, ist die Ansteckungsgefahr gross. Deshalb gehört es zu den wichtigsten Vorsorgemassnahmen, dass beim Sex Kondome benutzt werden. Das gilt sowohl für homosexuelle als auch für heterosexuelle Sexualkontakte. Für Frauen gibt es sogenannte Femidome, die ebenfalls davor schützen, sich beim Geschlechtsverkehr mit dem HI-Virus anzustecken.

Ärztinnen, Ärzte und Pflegepersonal sollten Handschuhe verwenden, wenn die Gefahr besteht, mit Körperflüssigkeiten von Patienten in Berührung zu kommen. Eine HIV-Hochrisikogruppe sind intravenös (i.v.) Drogenabhängige, also Süchtige, die Drogen mithilfe von Spritzen direkt in die Vene einbringen. Spritzen, Nadeln und sonstiges Zubehör sollten nur einmal benutzt und auf keinen Fall mit anderen Drogenkonsumenten geteilt werden. Saubere Spritzen und Nadeln werden unter anderem bei verschiedenen Beratungsstellen an Drogenabhängige abgegeben.


Was kann man tun, wenn man eine Infektion befürchtet?

Besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Infektion gekommen ist - etwa nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit einem HIV-positiven Sexualpartner oder wenn sich eine Pflegekraft an einem kontaminierten Instrument verletzt hat - kann eine Postexpositionsprophylaxe (PEP) sinnvoll sein. Dabei handelt es sich um eine meist vierwöchige Therapie mit HIV-Medikamenten, die verhindern soll, dass das Virus sich im Körper einnistet und es zu einer chronischen Infektion kommt.

Mit dieser HIV-PEP sollte im Idealfall zwei, längstens aber 24 Stunden nach der möglichen Ansteckung begonnen werden. Studien haben belegt, dass die Postexpositionsprophylaxe bei Verletzungen mit kontaminierten Instrumenten das Infektionsrisiko signifikant senkt. Einzelfallberichte zeigen einen ähnlichen Effekt nach riskanten Sexualkontakten. Dennoch sollte sich niemand auf diese Massnahme verlassen, denn auch bei optimaler Durchführung lässt sich eine Infektion nicht mit Sicherheit verhindern. Ob ein relevantes Risiko vorliegt und ob eine PEP durchgeführt wird, sollten Arzt und Patient gemeinsam entscheiden.