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Wenn man beruflich vom Gas geht und Stress reduziert, die Topgage gegen mehr Freizeit und Lebensqualität eintauscht, dann nennt sich das „Downshifting“. Immer mehr Menschen folgen diesem Trend und entschleunigen ihr Leben.
 

Einen Tag lang keine E-Mails checken und das Handy nicht einschalten. Das wäre für Helmut G. vor einem Jahr noch unvorstellbar gewesen. Damals, als er noch in der Chefetage eines großen Unternehmens saß und ein 15-Stunden-Arbeitstag für ihn die Regel war. Nacken- und Rückenschmerzen gehörten für ihn zum Alltag und sein Tag klang regelmäßig mit pochenden Kopfschmerzen aus. Sein Familienleben beschränkte sich auf den Ski- und den Sommerurlaub.

Modernes Eigenheim nach dem letzten Schrei der Architektur, zwei schnittige Wägen in der Garage, die Gattin stets neu eingekleidet, die Kinder immer auf dem letzten Stand der Gameboy-Technik. Es war zu seinem 40. Geburtstag, als Helmut G. plötzlich bewusst wurde: „Haus, Autos, Urlaube - ich konnte mich über nichts mehr freuen. Mein Leben verlief wie ein nicht enden wollender atemloser Sprint!“

So wie G. geht es heute vielen Menschen. Deshalb hat sich von den USA ausgehend der Trend Downshifting entwickelt: Dabei steht nicht der Ausstieg aus Beruf und Gesellschaft im Vordergrund, sondern eine Verbesserung der Lebensqualität. Statt dem endlosen Lauf im Hamsterrad schaffen „Herunterschalter“ in ihrem Leben mehr Raum für die Familie und erfüllende Freizeitbeschäftigungen wie Sport, Malen, ehrenamtliche Sozialarbeit oder Naturerlebnisse.

„Downshifting“ versteht sich auch als Abkehr von einem stark materialistisch geprägten Lebensmuster. Das Streben nach Statussymbolen und der Konsumwahn sollen einem kritischen Durchbrechen des Prinzips Leistungsdenken und Überflussgesellschaft weichen.

Aktuellen Studien zufolge denken in Großbritannien 40 Prozent aller Angestellten unter 35 Jahren darüber nach, beruflich einen Gang zurückzuschalten. Unter den Menschen, die den Ausstieg aus der Karriere-Konsum-Spirale tatsächlich schaffen, gibt es ganz unterschiedliche, „verlangsamte“ Lebenskonzepte:

Sie reichen vom Manager, der seinen Traum vom Leben als Landwirt umsetzt, bis zur Führungskraft, die freiwillig auf der Karriereleiter einen Schritt zurück tut und einen Teilzeitjob annimmt. So wie Helmut G. Er hat sein Arbeitspensum von 15 Stunden täglich auf 30 Stunden wöchentlich verringert und das moderne Eigenheim gegen ein günstigeres Reihenhaus eingetauscht.

An den freien Abenden besucht G. mit seiner Frau gemeinsam einen Tanzkurs oder spielt noch mit seinen Kindern im Garten. Helmut G. ist beschwerdefrei und zufrieden mit seinem „Lebens-Wandel“: „Weniger Arbeit bedeutet zwar weniger Einkommen, aber dafür mehr Sinn im Leben.“