Information Ob gegen Stress, Angst, Bluthochdruck oder Schmerzen: Meditation gilt als mächtiges Werkzeug zur Bekämpfung vieler Leiden. Der Blick ins Innere soll sogar die soziale Kompetenz erhöhe

Innerer Frieden, Gelassenheit – vielleicht sogar ein bisschen Erleuchtung: Seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts – dem "Jahrzehnt des Gehirns" – haben Neurowissenschaftler die Auswirkungen von Meditationstechniken eingehend unter die Lupe genommen.

Forscher konnten nachweisen: Immunsystem, Herz und Kreislauf werden gestärkt, Angstzustände gemildert. Immer mehr Mediziner sind sich sicher, dass geistige Zustände und körperliches Wohlbefinden eng zusammenhängen.

"Durch Übung können Sie Einfluss auf Ihre mentalen Prozesse nehmen – so, als würden Sie ins Fitnesscenter gehen, um sich körperlich in Form zu bringen", wirbt die britische Religionswissenschaftlerin und frühere Nonne Karen Armstrong.

"Meditation ist tatsächlich eine Einweisung in den eigenen Geist", erklärt der Neuropsychologe und Autor Richard Davidson von der Universität von Wisconsin. Mit dieser uralten Technik könnten auch störende emotionale Muster verändert werden, etwa wenn sich jemand nur schwer von Schicksalsschlägen oder negativen Erlebnissen im Alltag erholt.

Wie also meditiert man? Meditieren sei zwar "einfach, aber nicht leicht", formuliert der US-amerikanische Verhaltensmediziner Jon-Kabat Zinn ("Gesund durch Meditation"). Alle Schulen verweisen auf die Beobachtung des Atems als zentralen Einstieg.

Der Atem als Fokus und Anker

"Verglichen damit, im Internet zu surfen oder im Action-Kanal einen Film zu sehen, mag das Beobachten des Atems wie ein langweiliger Zeitvertreib erscheinen", räumt Stephan Bodian in der Ratgeber-Reihe "Meditation für Dummies" ein. Doch der Atem gilt als Fokus und Anker der Meditation.

Eine gleichmäßige, vertiefte Atmung ist eine effektive Methode, innere Ruhe und Entspannung herbeizuführen", urteilt der Gießener Psychologe und Meditations-Experte Ulrich Ott ("Meditation für Skeptiker").

Jeder Meditierende merkt allerdings, dass Gedanken und Gefühle die Konzentration immer wieder stören, "auch nach jahrelanger Übung", weiß der Psychiatrieprofessor und Autor Daniel J. Siegel (Los Angeles).

Wichtig sei darum, während der Meditation eine Form von "beobachtender Distanz" zu seinen Gedanken, Emotionen und Wahrnehmungen einzunehmen: "Wenn wir nicht von Gedanken und Gefühlen übermannt werden, wird uns die eigene Innenwelt klarer, und wir werden zugleich aufnahmefähiger für die Innenwelt anderer."

Das ist wichtig für das soziale Miteinander, urteilt auch Autor Daniel Goleman ("EQ. Emotionale Intelligenz"). Selbstwahrnehmung und Empathie sind aus seiner Sicht wesentlich für ein erfolgreiches und geglücktes Leben: "Wenn wir nicht auf unsere eigene Erfahrungswelt eingestimmt sind, fällt es uns umso schwerer, uns bei anderen darauf einzustimmen".

Nicht jede Technik ist hilfreich

Nicht alles auf dem inzwischen unüberschaubaren Markt der unterschiedlichen Meditationstechniken ist allerdings auch hilfreich, warnt die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin.

Es fehle ein übergreifender Fachverband, der Qualitätskriterien beschreibt und überprüft. Manche Techniken könnten psychische Prozesse in Gang setzen, die fachkundige Begleitung erforderten.

Wenn zum Beispiel eine psychisch labile Person "in einer Krisenphase ihres Lebens Hilfe durch bewusstseinserweiternde Meditationsformen sucht, sind Schädigungen nicht auszuschließen", warnt die Zentralstelle. Jeder, der mit Meditation anfange, solle sich daher fragen: "Vermag die Methode das zu leisten, was ich benötige?"

Für die Vermittlung von Meditationskompetenzen bereits in der Schule plädiert der Mainzer Philosophieprofessor und Bewusstseinsforscher Thomas Metzinger. Jedes Kind habe das Recht, einen entsprechenden "Werkzeugkasten" zu erhalten.

Metzinger: "Die Mindestausstattung sollte aus zwei Meditationstechniken bestehen." Schließlich ist Meditieren nach einem Wortspiel "besser als rumsitzen und gar nichts tun".