Information
Ingwer was die scharfe Wurzel alles kann

Schon seit Jahrtausenden gilt der Ingwer in Asien als Heilpflanze - wegen seiner ätherischen Öle und Scharfstoffe. Kaum eine andere Pflanze ist derart fest sowohl in der traditionellen Heilkunde als auch in der fernöstlichen Küche verwurzelt wie diese unscheinbare Knolle. Ingwer beruhigt den Magen und entkrampft, beugt Übelkeit und Erbrechen vor " zum Beispiel auf Reisen " und bringt die träge Verdauung in Schwung. Zugleich wird der ganze Organismus innerlich erwärmt.

Frisch kann man den Ingwer aufgrund seiner starken Würze nur in kleinen Portionen verzehren. Das Trocknen und Kandieren macht ihn milder. So wird er zum gesunden Snack, den man auch in grösseren Mengen geniessen kann.

Teetrinker schätzen die wärmende Sofort-Wirkung des Ingwers. An frostigen Wintertagen ist er ein unnachahmlich guter Einheizer, bevor es nach draussen geht. Einfach ein Stück Ingwer in dünne Scheiben schneiden, mit kochendem Wasser überbrühen und fünf Minuten ziehen lassen. Der hellgelbe Tee sieht zwar eher wässrig aus, entzündet im Innern aber ein Feuerwerk tropischer Hitze, die alle Lebensgeister weckt und erteilt so eine kleine Lektion in Sachen Unscheinbarkeit.

Nach der Lehre des indischen Ayurveda ist der regelmässige Genuss von Ingwertee geradezu ideal für die Gesundheit: Er wärmt den Magen, liefert Energie, regt das Verdauungsfeuer an und beugt der Ansammlung von Schlackenstoffen vor. Das süsse, aromatische Kraut enthält Scharfstoffe und ätherische Öle.

Die heilenden Wirkungen des Ingwer sind in seiner ursprünglichen Heimat Südostasien bereits seit mehr als 3000 Jahren bekannt. Konfuzius soll ihn zu jeder Mahlzeit genossen haben. Auf Weisung des chinesischen Kaisers wurde Ingwer in den erlesenen Kreis der königlichen Pflanzen aufgenommen, was die hohe Wertschätzung dieser ungewöhnlichen Pflanze unterstreicht.

Auch in der Traditionellen Chinesischen Medizin wird die zitronig-scharfe Wurzel als heisses Nahrungsmittel sehr geschätzt. Haupteinsatzgebiete des Ingwer sind Verdauungsprobleme, Migräne, Durchblutungsmangel, Gelenkbeschwerden, Krämpfe und Übelkeit. Ausserdem soll die Ingwerknolle das Immunsystem stärken und Husten und Halsentzündungen lindern.

Die Römer nutzten Ingwer als Gewürz, zum Naschen und als verdauungsfördernde Medizin nach ihren Festgelagen und zahlten für die Knolle bereitwillig Luxussteuer. Im Mittelalter empfahl die heilkundige Klosterfrau Hildegard von Bingen den ingiber officinalis, so der lateinische Name, gegen Magenschmerzen, stand jedoch seinen durchblutungsfördernden Eigenschaften, die ihm den Ruf eines Aphrodisiakums einbrachten, eher misstrauisch gegenüber.

Was den Ingwer scharf macht, wirkt zugleich heilsam: Es ist sein zähflüssiger Balsam, der aus ätherischen Ölen und Scharfstoffen wie Gingerole und Shoagole besteht. Jene ähneln in ihrer chemischen Struktur der Acetylsalicylsäure (bekannt durch das Aspirin) und hemmen Schmerzen und Entzündungen. Entzündlichen Erkrankungen wie Erkältungen, Rheumatismus und Magen-Darm-Problemen wird vorgebeugt.

Die Scharfstoffe verbessern die Fliesseigenschaften des Blutes und stärken dadurch Herz, Kreislauf und Venen. Auch Verdauungsprobleme und Übelkeit aller Art haben keine Chance mehr. Dafür gibt man einfach zwei bis vier Gramm Ingwer ins Essen oder trinkt einige Tassen Ingwertee. Gegen Sodbrennen, Aufstossen wird der Tee vor den Mahlzeiten getrunken. Bei Kopfschmerzen macht ätherisches Ingweröl den Kopf frei (Ingwermus durch ein Baumwolltuch pressen, den entstehenden Saft mit der fünffachen Menge Olivenöl mischen und damit sanft die Schläfen massieren). Bei Husten, Bronchitis und Fieber gilt Ingwer als schleimlösend und fiebersenkend dafür gilt es, den Ingwer mit warmem Wasser drei- bis fünfmal täglich einzunehmen.

Ingwer ist auch eines der besten Mittel gegen Übelkeit (auch in der Schwangerschaft oder nach einer Narkose) und bei See- und Reisekrankheit. Start, Landung, hoher Seegang oder eine Serpentinenfahrt in den Bergen - da gerät das Gleichgewichtsempfinden leicht durcheinander. In der Folge machen Magengrummeln und Übelkeit zu schaffen. Den Brechreiz kann Ingwer zuverlässig hemmen. Verantwortlich dafür ist eine Vielzahl ätherischer Öle und Bitterstoffe. Problemlos im Handgepäck verstauen lassen sich kandierte Ingwerstücke oder Ingwerriegel.

Gegen die Seekrankheit hilft es, schon vor dem Ablegen des Schiffes einige Ingwer-Würfel zu kauen. Die Scharfstoffe des Ingwers entspannen die Muskeln des Verdauungstraktes. Der Magen wird stärker durchblutet, die Verdauungstätigkeit gefördert und Reizerscheinungen werden abgemildert.

Ähnlich ergeht es empfindlichen Menschen während Bus- und Autoreisen: Auch dann spielt das Gleichgewichtsorgan im Innenohr mitunter verrückt. Es meldet in scharfen Kurven, bei Beschleunigungen oder bei Seegang Wahrnehmungen, die mit denen des Auges und der Muskeln nicht übereinstimmen. Das Gehirn ist irritiert, löst Schwindel und die bekannte Reiseübelkeit aus ebenfalls ein typischer Fall für die scharfe Ingwerknolle.

Ursprünglich in Südostasien beheimatet, gedeiht Ingwer heute überall dort, wo er ideale Wachstumsbedingungen findet: tropisches oder subtropisches Klima, hohe Luftfeuchtigkeit, einen schattigen Standort und humusreichen Boden.

Während oben in subtropischer Luftfeuchtigkeit die orchideenartigen Blüten der bis zu eineinhalb Meter hohen Pflanze alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen, bilden sich im Verborgenen schon die verzweigten, gehaltvollen Wurzelknollen. Deren Geschmacksintensität hängt vom Erntezeitpunkt ab: Je früher sie als so genannter Grüner Ingwer ausgegraben werden, desto milder und zarter sind die Wurzelstücke. Diese lassen sich mittels einer speziellen Reibe mühelos in der Küche verarbeiten oder mit einem scharfen Messer zerkleinern, bevor sie in Topf oder Pfanne zum Einsatz kommen und fruchtig-feurige Schärfe bringen. Curry, Gemüse, Feisch und Fisch, Suppen und Marinaden werden mit Ingwer gewürzt.

Weltweit gibt es geschmackliche Unterschiede: Über die Spanier kam die Gewürzpflanze zu Beginn des 16. Jahrhunderts zu den Westindischen Inseln - seitdem gilt der Jameikanische Ingwer wegen seines blumig-zitronigen Geschmacks als der beste, ist jedoch nur selten erhältlich. Als eine der weltbesten Herkünfte für Ingwer gelten zudem die Fidschi-Inseln. Der Ingwer aus China und Indien, die zusammen mehr als die Hälfte der Welternte produzieren, besitzt meist eine ausgeprägte Schärfe, wird darin aber vom westafrikanischen Ingwer aus Sierra Leone noch übertroffen. Der australische Ingwer dagegen verfügt über einen milden, feinwürzigen Geschmack.

Getrocknete Wurzeln sind etwa doppelt so scharf wie frische. Meist werden diese später geernteten holzigeren Knollen nach dem Trocknen zu Ingwerpulver vermahlen. Die getrocknete und pulverisierte Wurzel wirkt schmerzstillend, krampflösend und kreislaufanregend. Getrockneter und gemahlener Ingwer gibt Kuchen ein besonderes Aroma. Mit Ingwer kann man ausser Tee auch Kaffee und Liköre aromatisieren.