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Knieverletzungen

Die selbstverständlichsten Bewegungen (gehen, laufen oder sitzen) wären ohne ein flexibles Knie undenkbar! Sein ausgesprochen komplexer Aufbau sorgt für eine hohe Beweglichkeit, macht es aber zugleich anfällig für Verletzungen. Die Möglichkeiten für sportliche Aktivitäten sind in den warmen Monaten vielfältig: Kicken und Joggen im Park, Tennis auf dem Sandplatz... Doch trotz aller Hochgefühle ist Vorsicht angesagt! „Das Knie ist dasjenige Gelenk, das beim Sport am häufigsten Schaden nimmt“, warnt Dr. med. Max Chaimowicz.

Die Anatomie: Insgesamt werden drei Knochen (Oberschenkel, Schienbein und Kniescheibe) durch eine Reihe von Sehnen und Bändern miteinander verbunden. Zwei halbmondförmige Knorpelscheiben (im Fachjargon Menisken) gleichen die natürliche Asymmetrie zwischen Oberschenkelknochen und Schienbein aus. Sie fungieren als körpereigene Stossdämpfer und sorgen für zusätzliche Stabilität. „Das Knie ist kein Kugelgelenk, das seine Widerstandsfähigkeit durch den festen Halt des Knochenkopfes in der Gelenkpfanne erhält“, erklärt der Orthopäde. Vielmehr ist es ein so genanntes Kondylengelenk. Das heisst: Strecken und Beugen ist ebenso möglich wie die Aussen- und Innenrotation. Somit ist das Knie zugunsten der Agilität weniger kompakt und lässt wesentlich mehr Bewegungen zu.

Leider liegt in diesem Vorteil auch der wesentliche Schwachpunkt des Gelenks: Durch unglückliche (Ver-)Drehungen können Sehnen und Bänder, aber auch die Menisken reissen. Besonders häufig ist das vordere Kreuzband betroffen. Die typische Fussballerverletzung verursacht einen akuten stechenden Schmerz im ganzen Knie. „Der Betroffene knickt ein und sein Oberkörper kippt dabei nach hinten“, beschreibt Dr. Chaimowicz den Unfallhergang. Entgegen dem weitverbreitetem Irrglauben, ein Kreuzbandriss könne durch gezielten Muskelaufbau ausgeglichen werden, rät der Experte zur Operation. „Das Knie wird trotz aller Bemühungen so lange instabil bleiben bis das gerissene Band wieder funktionstüchtig ist“, klärt der Arzt auf. Ziel ist schliesslich die Wiederherstellung des verlorenen Haltes durch eine möglichst genaue Rekonstruktion des Kreuzbandes. Das heisst: Das gerissene Band muss ersetzt werden! In Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren, wie Alter, Sporttätigkeit, Grösse oder Gewicht des Patienten, entscheidet sich der Arzt für eines von zwei Transplantaten.

Zum Einen hat sich die Kniescheibensehne (Patellarsehne) als Ersatzmaterial bewährt. Während der arthroskopischen OP entnimmt der Chirurg ein ca. 1 cm breites Stück Sehne, dem an beiden Enden zusätzlich ein Knochenblock anhaftet. Diese fixiert er dann mit selbstauflösenden Interferenzschrauben in vorgebohrten Kanälen am Knochen. Einen besonders reissfesten Ersatz bildet zum Anderen ein Substitut aus Semitendinosus- und Gracilissehne (Oberschenkelbeugesehne), welches ebenfalls in Bohrkanälen befestigt wird. Beide Techniken erzielen in etwa das gleiche Ergebnis: „Die Wiederherstellung eines stabilen Gelenks gelingt in neun von zehn Fällen“, weiss Dr. med. Jens-Ulrich Otto, Chefarzt in der ArthroKlink. Bereits wenige Wochen nach der OP kann der Patient das Knie wieder voll bewegen. Allerdings dauert es mit Hilfe von Krankengymnastik und Reha-Massnahmen etwa drei Monate bis der Betroffene wieder mit leichtem Sport beginnen kann.

Noch häufiger als Kreuzbandrupturen treten Meniskusrisse auf. In etwa 50 Prozent der Fälle entstehen sie im Laufe der Jahre als Folge von erhöhter, oft berufsbedingter Beanspruchung (Fliesenleger, Profifussballer...). Aber auch plötzliche Ãœberstreckungen und Verdrehungen führen zu Verletzungen des Meniskus. Da die Knorpelscheiben nicht überall gleichermassen durchblutet sind, hängt die Vorgehensweise des Chirurgen von der Stelle des Risses ab. „In jedem Fall sollte die Ruptur versorgt werden, damit die wichtige Stossdämpferfunktion erhalten bleibt“, rät Dr. Otto. In einem arthroskopischen Eingriff näht der Facharzt das betroffene Gewebe entweder zusammen oder entfernt die abgerissenen Teile.

Eine so genannte Meniskusnaht lohnt sich nur bei frischen Verletzungen in den gut durchbluteten Regionen des Meniskus. Dort stehen die Heilungschancen am besten. Anschliessend darf das Knie ca. 8 Wochen lang nicht voll gebeugt werden. Allerdings ist normales Gehen bereits nach wenigen Tagen erlaubt. Das Gewebe des Aussenmeniskus wird weniger gut durchblutet, sodass hier eine Naht meist wenig Sinn macht. Das abgerissene Stück scheuert oft am Knorpel und schadet ihm so. Eine sparsame Entfernung vermeidet Folgeschäden und erhält in den überwiegenden Fällen ausreichend Restmeniskus, um die notwendige Schutzfunktion aufrecht zu erhalten. Schon wenige Tag nach dem Eingriff belasten Betroffen ihr Bein wieder voll.

„Statt Knieschmerzen zu verschleppen, rate ich zu einem Besuch beim Arzt“, mahnt Dr. Chaimowicz. Die Folgeschäden durch unbehandelte Verletzungen sind oft schwerwiegend und beeinträchtigen die Betroffenen ein Leben lang in ihrer Bewegungsfreiheit. Daher zählt in erster Linie auch die Vorsicht! Bekanntermassen ist vor allem beim Sport das Risiko eines Knieschadens hoch. Aufwärmen sowie die richtige Einschätzung des Leistungsvermögens bewahren Amateur- und Profiathleten gleichermassen vor schmerzhaften Konsequenzen.