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Hörprobleme: Wann braucht man ein Hörgerät?

Braucht jeder, der mal die Türklingel überhört, gleich Hörgeräte? Oder soll man bei Hörproblemen erst mal abwarten, ob es von selbst wieder besser wird? Schadet es den Ohren, wenn Hörgeräte zu früh verordnet werden? Solche und ähnliche Fragen stellen sich viele Menschen - denn sehr viele Millionen Bundesbürger haben eine Hörminderung.
Wer das Gefühl hat, schlecht zu hören, sollte in jedem Fall zunächst einen Hals-Nasen-Ohrenarzt aufsuchen, um zu klären, woher das Hörproblem kommt. Petra S. (48) überhört in letzter Zeit ständig das Telefon. "Du hast doch sonst immer besser gehört" stellt ihr Mann fest, "ich glaube, du brauchst Hörgeräte." Der Hals-Nasen-Ohrenarzt untersucht die Ohren und stellt sofort fest, dass sich auf beiden Seiten sehr viel Ohrenschmalz (Cerumen) angesammelt hat. Bei dem Versuch, die Ohren zu reinigen, hatte Petra S. das Cerumen offenbar richtig tief in die Gehörgänge gedrückt. Solche Ohrschmalzpfropfen verstopfen die Gehörgänge so sehr, dass man tatsächlich dumpfer hört. Hier kann der Arzt mit Ohrspülungen schnell Abhilfe schaffen. – Anders ist die Situation bei Wolfgang F. (54).

Bei Hörproblemen - Arzt aufsuchen

Er hat seit Monaten Probleme alles zu verstehen, was seine Freunde in der Stammkneipe zu ihm sagen. "Bei dem Stimmengewirr... ist doch klar, dass man da nicht jedes Wort hört", beruhigt ihn sein Nachbar. Doch Wolfgang F. ist aufgefallen, dass die anderen wesentlich mehr verstehen als er. Die beantworten Fragen manchmal schon, wenn er noch rätselt, worum es überhaupt geht. Die Diagnose des HNO-Arztes ist eindeutig: ein Innenohrschaden, der sich nicht mehr beheben lässt. "Doch mit Hörgeräten, man nennt sie heute auch Hörsysteme", so der Arzt, "lässt sich da einiges machen. Ich schreibe Ihnen eine Verordnung, mit der Sie zum Hörgeräte-Akustiker gehen." 

Was gibt es für Ursachen?

Hörprobleme können die unterschiedlichsten Ursachen haben. Wenn der Schall nicht richtig bis zum Innenohr gelangt, weil zum Beispiel der Gehörgang verstopft oder das Mittelohr erkrankt ist, dann ist das in der Regel ein vorübergehender Zustand, der sich mit ärztlicher Hilfe bessern kann. Wenn man plötzlich auf einem oder auch beiden Ohren kaum noch etwas hören kann, könnte es sich um einen Hörsturz handeln. Deshalb sollte man schnell den HNO-Arzt aufsuchen. Bei Erwachsenen liegt die Ursache für Hörprobleme meist im Innenohr, das beispielsweise durch Lärm oder Erkrankungen wie Hirnhautentzündungen, Mumps, Masern, Röteln, Diphtherie oder Scharlach geschädigt ist. Solche Schäden sind unheilbar. Aber fast in allen Fällen kann man die Möglichkeiten zu hören und zu verstehen deutlich verbessern, wenn man Hörgeräte nutzt. Und damit sollte man nicht warten, denn eine Besserung ist bei einer solchen Schallempfindungsschwerhörigkeit ausgeschlossen. Jedoch ist eine Verschlechterung der Situation wahrscheinlich, wenn man auf die notwendigen Hörsysteme verzichtet. Denn Klänge, die – mangels Hörleistung – nicht mehr bis zu unserem Gehirn vordringen, geraten dort im Laufe der Monate und Jahre in Vergessenheit. Wenn dann endlich dank Hörgeräten die volle Klangwelt wieder da ist, muss das Gehirn erst wieder lernen, dies zu verarbeiten und zu interpretieren. Wer darauf verzichtet, besser zu hören, nimmt auch einige andere Probleme in Kauf: Missverständnisse häufen sich, Misstrauen entsteht, soziale Kontakte verschlechtern sich und depressive Stimmungen sind keine Seltenheit. Wer schlecht hört und Hörgeräte nutzen könnte, sollte dies also möglichst bald tun. Davon profitieren das Gehör, das Gehirn und die Lebensqualität.

Je früher, je besser...

"Bei der Versorgung mit Hörgeräten gilt: je früher, desto besser", so Professor Dr. med. Dr. h.c. Roland Laszig, Direktor der Universitäts-HNO-Klinik Freiburg. Er empfiehlt dies sogar Patienten, deren Hörvermögen noch nicht ganz die Schwelle überschritten hat, ab der Hörsysteme verordnet werden sollten: "Bei Patienten, die unter ihrer Hörminderung leiden, schlage ich auch dann eine Hörgeräte-Versorgung vor, wenn die Indikationsgrenze noch gar nicht erreicht ist. Denn nicht die Messung ist hier ausschlaggebend, sondern das subjektive Empfinden des Betroffenen. Beim Hörgeräte-Akustiker können die Patienten dann ausprobieren, wie das Hören mit Hörgeräten ist. Wenn die Geräte helfen, dann nimmt man sie auch." Meist sind beide Ohren von einer Innenohrschädigung betroffen. Selbstverständlich sollten dann auch beide Ohren mit Hörsystemen ausgestattet werden. Einerseits ist das für das Richtungshören unerlässlich und andererseits droht die Hörleistung des nicht versorgten Ohres weiter abzunehmen, so Prof. Dr. Karin Schorn, HNO-Klinik Grosshadern/München. "Bei geringgradiger Schwerhörigkeit ist eine einohrige Versorgung sogar schlechter als keine, weil in problematischen Hörsituationen kein räumliches Hören möglich ist." Daher verordnen HNO-Ärzte bei beidseitiger Hörminderung immer auch zwei Hörgeräte.