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Das Asperger-Syndrom zählt wie der atypische und der frühkindliche Autismus zu den autistischen Entwicklungsstörungen.

Im Jahr 1994 beschrieb der Kinderarzt Hans Asperger, das Syndrom zum ersten Mal. Asperger leitete damals die Heilpädagogische Abteilung an der Wiener Universitäts-Kinderklinik. In seiner Habilitationsschrift beschrieb er vier Jungen, die er "kleine Professoren" nannte. Heute bezeichnet man deren Symptome als "Asperger-Syndrom" oder "Asperger-Autismus".

Das Asperger-Syndrom unterscheidet sich vom frühkindlichen Autismus dadurch, dass die Kinder in der Regel normal sprechen lernen und auch ihre Denkfähigkeiten normal entwickeln.

Die wichtigsten Merkmale des Syndroms sind:

1. Die soziale Interaktion ist beeinträchtigt: Kinder mit Asperger-Syndrom gelten als distanzlos, rücksichtslos und auf sich bezogen. Sie stellen keine zwanglosen Beziehungen zu Gleichaltrigen oder Älteren her. Sie könne nicht emotional mit anderen mitreagieren und somit zum Beispiel nicht an der Freude oder an der Wut anderer teilhaben.

2. Sie haben ausgeprägte und spezielle Interessen und immer wiederkehrende Verhaltensmuster. Sie beschäftigen sich nur mit einem sehr umschriebenen Wissensgebiet, das andere in der Regel weniger interessieren, zum Beispiel mit den Schmelzpunkten von Metallen, mit Kirchtürmen, Biersorten oder Waschmaschinen. Nicht nur das Interesse an sich ist aussergewöhnlich, sondern auch die Ausdauer, mit der sich derjenige damit beschäftigt. Für die Mitmenschen kann sehr belastend sein, dass die Menschen mit Asperger-Syndrom von nichts anderem mehr sprechen als ihrem speziellen Interesse.

3. Normale Sprachentwicklung: Anders als Kinder mit frühkindlichem Autismus haben solche mit Asperger-Syndrom meist keine verzögerte Sprachentwicklung und keine Einschränkung ihrer geistigen Fähigkeiten. Kinder mit Asperger-Syndrom lernen vielmehr relativ früh und gut sprechen, und sie drücken sich zum Teil sehr gehoben aus. Sie sind meist gut bis überdurchschnittlich intelligent.

Häufigkeit

Nach neuen Studien tritt das Asperger-Syndrom etwa bei 1 bis 3 von 1000 Kindern auf. Das ist häufiger als in den Jahren zuvor. Experten führen dies unter anderem darauf zurück, dass Ärzte und Psychologen "sensibler" für bestimmte Symptome geworden sind und das Syndrom häufiger diagnostizieren. Wie häufig das Syndrom bei Erwachsenen vorkommt, wissen Experten nicht genau: Hierzu gibt es nicht genügend Daten. Sie schätzen aber, dass es ähnlich häufig vorkommt wie bei Kindern, weil die Hauptsymptome während des Lebens bestehen bleiben. Jungen erkranken viel häufiger als Mädchen (geschätzt 8:1).

 

Asperger-Syndrom - Ursachen

Fabian Seyfried
Dr. med. Felicitas Witte

Die genaue Ursache des Asperger-Syndroms ist bislang nicht bekannt. Experten gehen von mehreren Faktoren aus, die gemeinsam dazu führen können, dass jemand ein Asperger-Syndrom entwickelt.

Eine Rolle spielen vermutlich Veränderungen an verschiedenen Stellen im Erbgut. Ausserdem sollen Komplikationen während der Geburt, Veränderungen in der Gehirnchemie sowie psychosoziale Faktoren das Risiko erhöhen. Im Mutterleib könnte eine ungewöhnlich hohe Dosis des "Männer-Hormons" Testosteron die Entstehung des Asperger-Syndroms begünstigen - eine Theorie, welche die höhere Zahl männlicher Betroffener erklärt.

Die alte Hypothese, die autistische Störungen wie das Asperger-Syndrom auf eine fehlende Liebe der Eltern zurückführte, ist falsch. Die Art der Erziehung und die Bindung zu den Eltern erhöhen das Risiko ebenfalls nicht. Ebenso fanden sich keine Belege für die These, Autismus werde durch Impfstoffe oder deren Konservierungsstoffe hervorgerufen.

Drei Bereiche der Wahrnehmung und der Informationsverarbeitung sind bei autistischen Menschen gestört, was die Grundlage der Symptome des Asperger-Syndroms bildet:

1. "Theory of Mind": Die Fähigkeit, sich in andere Menschen gedanklich und emotional hineinzuversetzen. Neuere Untersuchungen bringen diese Eigenschaft mit den sogenannten Spiegelneuronen im Gehirn in Zusammenhang, die womöglich bei Menschen mit Asperger-Syndrom verändert sind.

2. Exekutive Funktionen: Das eigene Verhalten angemessen auf die derzeitige Situation anpassen und für die nähere Zukunft planen können.

3. Zentrale Kohärenz: Die Fähigkeit, wahrgenommene Details zu einem vollständigen Bild zusammenzufügen und die Situation zu interpretieren.