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Die Angst von Hunden
Manche Menschen haben eine so extreme Angst vor Hunden, dass die Furcht vor einer Begegnung ihr Leben schwer beeinträchtigt. Schweißperlen treten ihr auf die Stirn, das Herz schlägt bis zum Hals. Ein Gefühl der Ohnmacht mach sie handlungsunfähig. Eigentlich gibt es kein bestimmtes Ereignis, auf das Nadja Kosinsky ihre Angst vor Hunden zurückführen kann. Zumindest ist es ihr nicht wirklich bewusst. Die zweifache Mutter bekommt Schweißausbrüche, Herzrasen und Atemnot, sobald sich ihr ein großes Tier nähert. Egal ob angeleint oder freilaufend.
 

"Ganz schlimm ist es, wenn mir große, dunkle Hunde begegnen, die wild umherrennen. Wenn sie dann auch noch auf mich zukommen, ist es vorbei. Dann will ich nur noch weg, aber ich kann nicht", sagt die 36-Jährige, die sich in solchen Situationen wie gelähmt fühlt. Den meisten Hundebesitzern ist es oft nicht bewusst, dass ihr Vierbeiner anderen Parkbesuchern eine solche Angst einflöst und reagieren häufig mit Unverständnis. "Der tut nichts, der ist doch ganz lieb", ist eine Aussage, die die Betroffenen oft hören, aber überhaupt nicht hilft. Denn ihre Angst vor Hunden ist so tief verwurzelt, dass man es mit lapidaren Sprüchen nicht einfach beiseite schieben kann.

Suche nach den Ursachen der Angst

Seit zehn Jahren leidet Kosinsky unter ihrer Hundephobie. Kein Einzelfall. Gary Pohl, Hundetrainer und Coach für Menschen, die wie die 36-Jährige unter einer Phobie gegen Hunde leidet, kennt solche Fälle nur allzugut. Seit 14 Jahren hilft er Menschen, ihre extreme Angst vor Hunden zu verlieren, Schritt für Schritt. "Am Anfang steht ein intensives Anamnesegespräch. Wichtig ist es für mich, herauszufinden, warum die Person unter einer solchen Panik leidet", sagt Pohl.

In einem nächsten Schritt wird Pohl in dem konkreten Fall die beiden Kinder sowie den Ehemann der Betroffenen zur Therapie hinzuziehen, bevor in einem weiteren Schritt einer seiner vier Hunde einbezogen wird. Wie lange der Prozess dauern wird, weiß er nicht. Das hinge immer von der jeweiligen Person ab, die er behandelt und von dem auslösenden Moment.

Was hilft gegen die Hundeangst

Oft, wie im Fall der 36-Jährigen, haben die Betroffenen schon einige Therapieselbstversuche hinter sich. Hinzu kommt in diesem Fall, dass es Nadja Kosinsky an Rückhalt in der Familie und im Freundeskreis mangelt. Wer keine Angst vor Hunden hat, könne die heftige Reaktion oft nicht nachvollziehen. Dabei sei es wichtig, die Betroffenen und ihre Not sehr ernst zu nehmen, sagt Pohl, der einen Schwerpunkt seiner Therapie darin setzt, den Klienten die Grundzüge des Hundeverhaltens näher zu bringen. Erst im Folgeschritt wird die Konfrontation mit seinen Hunden eingesetzt.

Dies sei die Therapie der Wahl, bestätigt Prof. Frank Jacobi von der Psychologischen Hochschule in Berlin. Bei Phobien und somit auch bei Ängsten vor bestimmten Tierarten sei es wichtig, die Betroffenen mit diesen Situationen zu konfrontieren. Sie müssten es lernen, dass ihnen nichts passieren kann, dass sie ihre Angst vor Hunden überwinden können.

Ein bis zwei Prozent der Menschen leiden an Hundephobie

Phobien gehören seinen Angaben zufolge mit bis zu zehn Prozent Häufigkeit zu den häufigsten Diagnosen. Ein bis zwei Prozent der Bevölkerung leide unter einer Hundephobie. "Das ist hochgerechnet auf unsere Gesamtbevölkerung aber ein beträchtlicher Teil", sagt Jacobi. Die Gründe, an einer Phobie zu leiden, seien vielschichtig. Die Angst vor Hunden könne verschiedene Ursachen haben. "Die Betroffenen können diese Verhaltensweise schon in der Kindheit erlernt haben und beginnen Situationen zu meiden, was bei der Anzahl von Hunden sehr schwer werden kann im Alltag", sagt Jacobi.

In anderen Fällen kann auch ein konkreter Vorfall wie ein Hundebiss zugrunde liegen. "Situationen werden gemieden, aber die Angst wird dadurch nicht besser. Im Gegenteil, häufig wird sie noch schlimmer", fügt der Psychologe hinzu. Eine Klientin, die er behandelte, traute sich kaum noch aus der Wohnung, weil in der Etage tiefer ein Hund lebte. Aus Angst diesem im Hausflur zu begegnen ließ sie zunehmend in ihrer Wohnung bleiben. Ein Zustand, der immer unhaltbarer wurde.

Training mit vertrauensvollen Hunden

Genau dann sollte eine Phobie professionell behandelt werden, sagt Jacobi. Auch er sucht bei der Behandlung einer Hundephobie Hundeschulen auf, um seinen Klienten den Umgang mit den Vierbeinern zu erleichtern. "Dies muss in einem geschützten Rahmen stattfinden, mit Hunden, die vertrauensvoll sind", sagt der Psychologe. Insgesamt erziele man sehr schnell und gute Fortschritte mit solchen Konfrontationstherapien. Oft seien nur wenige Sitzungen nötig.

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