Information Für Abgespanntheit, Kopfweh & Stimmungstief machen viele das Wetter verantwortlich. Zu Recht? NetDoktor.at hat nachgefragt, wie das Aussen das Innen beeinflusst.

Nasskalter Nieselregen und ein wolkenverhangener Himmel drücken aufs Gemüt, Sonnenschein und warme Temperaturen hingegen machen uns fröhlich. Das ist eine normale Reaktion, die jeder Mensch kennt. Doch mancher behauptet, im Voraus ein aufziehendes Gewitter und kippendes Wetter zu spüren. Dies äussere sich in lokalisierbaren Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schwindel und Narbenschmerzen. Warum manche Menschen Wetterveränderungen im Vorhinein fühlen und an welcher Körperstelle der Mensch den Wetterumschwung wahrnimmt, das kann bis heute nicht vollständig geklärt werden. Trotzdem geben seriöse Wetterdienste wie die österreichische Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) ausführliche Biowetter-Prognosen ab.

Humbug oder Segen?

Unter Biowetter versteht man die Bewertung der Auswirkung des momentanen Wetters auf die Gesundheit und das Wohlbefinden einer Person. Im Internet, über Teletext oder in Zeitungen kann man die tagesaktuellen Vorhersagen nachlesen. Da wird dem Interessierten suggeriert, dass das "trübe und feuchte Wetter auf die Stimmung drückt". Besonders sensible Menschen würden darauf mit "Müdigkeit und Abgeschlagenheit" reagieren. Sehr allgemein gehaltene Aussagen, die die "Allgemeinheit wünscht", sagt Dr. Elisabeth Koch, Leiterin der Abteilung "Klimatologie" am ZAMG.

Das Biowetter hat sich inzwischen zu einem festen Bestandteil der Meteorologie gemausert. Sie gilt aber auch als Zankapfel der Experten: Scharlatanerie und nicht belegbarer Humbug? Biowetter-Vorhersagen werden von mindestens so vielen belächelt wie geglaubt. Der deutsche Atmosphärenphysiker Univ. Prof. Hans Richner: "Wenn ich einer Biowetter-Prognose glaube, die mir voraussagt, dass es mir heute schlecht gehen sollte, dann geht es mir schlecht. Das ist der berühmte Placebo-Effekt." Besonders gefährlich wird es, wenn durch Vorhersagen bei anfälligen Personen ernsthafte Beschwerden wie Asthmaanfälle provoziert werden, warnt Richner in einem Interview mit dem deutschen TV-Sender "ARD".

Elisabeth Koch kann die Kritik am Biowetter nachvollziehen: "Das Problem bei der Biowetter-Prognostik ist, dass ein statistischer Zusammenhang keinen kausalen Zusammenhang beweist." Es gäbe zwar viele Studien, die sich mit Beschwerden und bestimmten Wetterlagen auseinandergesetzt haben. Ein hundertprozentiger Zusammenhang konnte jedoch nie festgestellt werden. Daher bemüht sich die ZAMG auch, lediglich den "Wettereinfluss auf subjektives Befinden" vorherzusagen. Und diesen Einfluss wollen selbst viele Kritiker nicht bestreiten. Doch die Einflüsse des Wetters auf unser Befinden seien gering. Hans Richner behauptet, dass nur vier Zusammenhänge als gesichert gelten:

• Pollen können allergische Reaktionen auslösen

• Ãœbermässig viel UV-Strahlung schädigt die Hautzellen

• Smog kann Atemwegserkrankungen auslösen

• Temperatur, Feuchtigkeit und Wind sorgen für Hitze- oder Kältestress

Typisch wetterfühlig: weiblich und älter

Eine Umfrage aus dem Jahr 2003 des Münchner Bio-Meteorologen Peter Höppe hat gezeigt, dass besonders Frauen Wetterveränderungen zu spüren glauben. Die Empfindlichkeit nehme auch mit dem Alter und bei chronischen Krankheiten zu. Besonders Stubenhocker seien wetterempfindliche Naturen. Daher raten auch viele Biowetter-Berichte: Raus auch bei kalten Temperaturen – und warm anziehen nicht vergessen!

Subjektive Wahrnehmung?

Doch was macht den sogenannten Wetterfühligen nun so zu schaffen? Ist es der sich verändernde Luftdruck? Hat die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre einen entscheidenden Einfluss? Oder sind es vielleicht doch elektrische Impulse, so genannte "Sferics", die durch Wind und Wolken ausgelöst werden? Unter Verdacht stehen auch Baro-Rezeptoren in der Halsschlagader, die Blutdruck und Herzfrequenz regeln. Bis jetzt konnte weder das eine noch das andere bewiesen werden. Nur eines scheint sicher: Wetterfühligkeit ist eine subjektive Angelegenheit.

Auch der Mediziner und Physiker Prof. Jürgen Kleinschmidt kam dem Rätsel der Wetterfühligkeit nicht auf die Spur. Ãœber Jahre erforschte er die Wirkung des Wetters auf die Gesundheit des Menschen. In einer Klimakammer wurden ein paar hundert Personen mit exakten Wettersimulationen konfrontiert, aber die typischen Wetterfühligkeits-Reaktionen wie Migräne oder Kreislaufprobleme blieben aus.

Glücklichmacher Licht

Besonders zu Winterbeginn geben wir dem trüben Wetter Schuld an übler Laune. Die sinkenden Temperaturen und die grauen Tage machen uns zu schaffen, der Lichtmangel setzt uns zu. Denn Licht ist unser Lebenselixier und Glücklichmacher. Scheint die Sonne, dann leben wir auf und fühlen uns wohl. Wohl dosiertes Licht steigert unsere Leistungsfähigkeit, stärkt unser Immunsystem und bringt unseren Kreislauf in Schwung. Bleiben die Lichtimpulse aus, produziert der Körper Melatonin. Dieses Hormon steuert den Schlaf-Wachrhythmus sowie die Ausschüttung anderer wichtiger Hormone. Es verlangsamt aber auch die Reaktion und schränkt die Aufmerksamkeit ein. Die Folge können Müdigkeit und depressive Verstimmung sein.

Seltene Winterdepression

Eine vorübergehende melancholische Stimmung im Winter ist völlig normal. Mit einer Winterdepression, einer sogenannten saisonal abhängigen Depression (Seasonal Affective Disorder - "SAD"), hat dies wenig zu tun. Betroffene, die an SAD leiden, fühlen sich bedrückt, sind ständig erschöpft, leiden an Angstzuständen und haben mehr Appetit. Hier kann eine Lichttherapie sinnvoll sein. Experten raten Betroffenen, sich eine halbe Stunde täglich vor eine spezielle Tageslichtlampe zu setzen. Schon nach vier Tagen würden sich die Symptome bessern.

Diese Therapie ist jedoch nur für wirklich Kranke sinnvoll. Eine Winterdepression sei in unseren Breiten äusserst selten, ihre Häufigkeit werde meist überschätzt, wie Psychiater Malek Bajbouj vom Berliner Universitätsklinikum Charité gegenüber der Wochenzeitung "Die Zeit" äussert. Einem "normalen" November-Blues mit Antriebslosigkeit und schlechter Stimmung begegnet man am besten mit Spaziergängen an der frischen Luft. Egal wie grau und kalt es draussen ist.