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Die drohende atomare Katastrophe in Japan hat auch in Deutschland & Österreich die Debatte über die Zukunft der Atomenergie neu entfacht. Politiker fordern, die Restlaufzeiten deutscher Akw nicht zu verlängern.

Deutschland:

"Die tragischen Ereignisse in Japan belegen die Unberechenbarkeit der Atomkraft", sagte SPD-Bundestagsfraktionsvize Ulrich Kelber der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Auch einige deutsche Reaktoren stünden in Gebieten, in denen es zu Erdbeben kommen könnte.

Weit größer als das Erdbeben-Risiko sei in Deutschland aber die Gefahr eines Terroranschlags. "Die Kuppeln der sieben ältesten deutschen Atomkraftwerke sind nicht ausreichend gegen gezielte Angriffe mit einem Passagierflugzeug geschützt", betonte Kelber.

Diese Risiko-Reaktoren wie Biblis, Isar oder Neckarwestheim gehörten unverzüglich vom Netz, forderte Kelber. "Es wäre unverantwortlich, noch über Jahre massive Gefahren in dicht besiedelten Regionen Deutschlands in Kauf zu nehmen", warnte der SPD-Umweltexperte.

Zumal es für den Weiterbetrieb der Meiler keinen triftigen Grund gebe. "Wenn sie die Kraftwerke morgen abschalten, steigt weder der Strompreis noch wird die Stromversorgung gefährdet", zeigte sich Kelber überzeugt.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast stellte die Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke erneut infrage. Zwar sei Deutschland kein Erdbebengebiet, sagte Künast am Samstag im Deutschlandradio Kultur.

Dennoch zeige das Ereignis: "Wir beherrschen nicht die Natur, sondern die Natur herrscht über uns." Deshalb müsse die Frage gestellt werden, ob nicht die falschen Entscheidungen getroffen worden seien. Dazu zähle zum Beispiel die falsche Entscheidung von Schwarz-Gelb, zwölf Jahre Laufzeitverlängerung zu beschließen.

Österreich:

Österreich ist von 30 Atommeilern umzingelt

200 Kilometer rund um Österreich stehen 30 Atomreaktoren. Auch in erdbebengefährdeten Gebieten. In Deutschland ist Atom-Ausstieg wieder Thema.

Von einer Renaissance der Atomkraft war in den vergangenen Monaten häufig die Rede. So viele neue Atomkraftwerksprojekte wie seit Jahrzehnten nicht mehr sind weltweit in Planung. Aktuell befinden sich 62 neue Atomkraftwerke in Bau. Auch wenn Österreich mit der Volksabstimmung über das AKW Zwentendorf 1978 die Weichen für eine atomfreie Energieerzeugung gestellt hat, ist das Land von Atomkraftwerken umzingelt. 30 Atomreaktoren an 16 Standorten werden rund um Österreichs Grenzen in einem Umkreis von nur 200 Kilometern betrieben.

Mitten im Erdbebengebiet

Keine 100 Kilometer von der österreichischen Südgrenze entfernt liegt das slowenische Atomkraftwerk Krsko. Der Druckwasserreaktor, der 1983 in Betrieb genommen wurde, erregt seit vielen Jahren die Gemüter, weil das AKW in einem seismisch ungünstigen Gebiet liegt. Die Umweltorganisation Greenpeace erneuerte gestern ihre Warnung, wonach Krsko einem stärkeren Erdbeben nicht standhalten würde. Die Wiener Umweltanwaltschaft hält in einer Expertise fest, dass die Erdbebensicherheit der Anlage trotz erfolgter Nachrüstungen weiter untersucht werden müsse. Demgegenüber betont AKW-Manager Janez Krajnc, dass das Kraftwerk "für mögliche Erdbeben ausgelegt worden" sei. Im Juni 2008 war es in Krsko zu einem Zwischenfall gekommen, ein Leck hatte eine Abschaltung notwendig gemacht. Der Zwischenfall hatte vor Augen geführt, dass die grenzüberschreitenden europäischen Atomwarnsysteme stark verbesserungswürdig sind. Von österreichischer Regierungsseite wurde das "Wirrwarr an Informationen" kritisiert.

Im Juli 2004 war es rund 100 Kilometer von Krsko entfernt zu einem Erdstoß der Stärke 4,9 auf der Richterskala gekommen. 1976 wurde in der Region ein Erdstoß der Stärke 6,0 registriert.

Insgesamt setzen neben Slowenien fünf weitere österreichische Nachbarländer auf Atomkraft.

Nur 45 Kilometer von der Nordgrenze entfernt steht das tschechische Atomkraftwerk Temelin mit zwei Reaktoren. Erst vor wenigen Tagen wurde wegen einer Panne an einer elektrischen Steuerung ein Zwischenfall aus Temelin gemeldet. Das Kraftwerk hat bereits zu massiven Verstimmungen zwischen Österreich und Tschechien geführt, 2001 haben mehr als 900.000 Österreicher das Anti-Temelin-Volksbegehren unterschrieben. 70 bzw. 100 Kilometer entfernt liegen die umstrittenen slowakischen Atomkraftwerke Bohunice und Mochovce.

Atomdebatte in Deutschland

Sehr kritisch wird aber auch das deutsche Atomkraftwerk Neckarwestheim in Baden-Württemberg gesehen. Das Kraftwerk liegt in der Gegend des sogenannten Rheingrabens, Deutschlands aktivstem Erdbebengebiet. Experten bezeichnen den Untergrund als sehr labil und porös. In dieser Region finden sich auch die Atomkraftwerke Philippsburg, Biblis sowie der französische Reaktor Fessenheim.

Die dramatischen Vorgänge in den japanischen Atomkraftwerken haben nun in Deutschland die Atomdebatte neuerlich befeuert. Unter der rot-grünen Koalition von Gerhard Schröder waren 2000 die Weichen für einen Atomausstieg Deutschlands gestellt worden. Im Vorjahr kam es durch die schwarz-gelbe Regierungskoalition jedoch zu einer Abkehr. Die Regellaufzeiten der insgesamt 17 deutschen AKW wurden im Schnitt um zwölf Jahre auf 44 Jahre verlängert. Die Opposition fordert nun eine Abkehr von dieser Laufzeitverlängerung. Und erhält Rückenwind durch den Wahlkalender. So wird in zwei Wochen in Baden-Württemberg gewählt. Gestern schlossen 60.000 Atomgegner eine 45 Kilometer lange Menschenkette vom Atomkraftwerk Neckarwestheim bis zum Regierungsviertel in Stuttgart. Kanzlerin Angela Merkel kündigte an, Konsequenzen für Deutschland zu prüfen. Umweltminister Norbert Röttgen sprach von einer "Zäsur". Es stelle sich die Frage nach der Beherrschbarkeit der Atomtechnik.

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