
Der Colt Remington ist streng genommen eine Vermischung zweier großer Namen der amerikanischen Waffenindustrie: Colt und Remington. Beide Unternehmen waren im 19. Jahrhundert Pioniere in der Entwicklung von Revolvern und Gewehren, die das Bild des „Wilden Westens“ prägten. Um Missverständnisse aufzulösen:
Einen offiziell so benannten „Colt Remington“ gibt es nicht. Dennoch wird der Ausdruck gelegentlich verwendet, wenn es um die berühmten Remington-Revolver geht, die im direkten Wettbewerb zu den Colt-Revolvern standen. Besonders bekannt wurde dabei der Remington New Model Army, ein Revolver, der während des Amerikanischen Bürgerkriegs (1861–1865) und in den Jahrzehnten danach eine wichtige Rolle spielte.
Entstehung und Konkurrenz zu Colt
Colt, gegründet von Samuel Colt, brachte bereits in den 1830er- und 1840er-Jahren die ersten erfolgreichen Revolver auf den Markt, darunter den Colt Paterson und später den Colt Walker sowie den legendären Colt Navy 1851. Diese Waffen machten Colt zum Synonym für Revolvertechnik. Remington, ursprünglich ein Hersteller von Gewehren und Flinten, erkannte früh die Nachfrage nach zuverlässigen Faustfeuerwaffen. Ab den 1850er-Jahren begann das Unternehmen, eigene Revolver zu entwickeln, die schnell als robuste Alternative zu Colt wahrgenommen wurden. Der entscheidende Vorteil der Remington-Revolver gegenüber Colt war ihr geschlossener Rahmen. Während Colt-Revolver jener Zeit noch mit einem offenen Rahmen konstruiert waren – was zwar leichter, aber auch anfälliger für Verschleiß und Brüche war –, bot Remingtons Bauweise mehr Stabilität und Langlebigkeit. Besonders Soldaten und Offiziere im Bürgerkrieg schätzten diese Robustheit.
Der Remington New Model Army (1863)
Das bekannteste Modell war der Remington New Model Army, ein .44-Kaliber-Perkussionsrevolver, eingeführt um 1863. Er gilt als der meistproduzierte Revolver Remingtons während des Bürgerkriegs und wurde in direkter Konkurrenz zum Colt Army 1860 gefertigt. Technische Merkmale:
- Kaliber: .44 (Armee-Version)
- Trommel: 6 Schuss
- Zündung: Perkussionszündung mit Zündhütchen
- Gewicht: ca. 1,2 Kilogramm
- Lauflänge: 8 Zoll (rund 20 cm)
- Bauweise: Geschlossener Stahlrahmen
- Besonderheit: Die Trommel konnte schnell gewechselt werden, was eine rasche Wiederverwendung im Gefecht ermöglichte.
Gerade die austauschbare Trommel war ein enormer Vorteil. Soldaten konnten vorgeladene Ersatztrommeln mitführen, was die Nachladezeit deutlich verkürzte – ein klarer Vorteil gegenüber Colt-Modellen.
Rolle im Amerikanischen Bürgerkrieg
Während des Krieges beschaffte die Unionsarmee hunderttausende Revolver beider Hersteller. Colt war zwar zunächst der dominierende Lieferant, doch Remington gewann zunehmend an Bedeutung. Viele Soldaten berichteten, dass die Remingtons stabiler waren und sich weniger schnell abnutzten. In der Praxis bedeutete das: Während ein Colt nach intensiver Nutzung eher locker wurde oder Probleme mit der Trommelachse zeigte, blieb der Remington lange einsatzfähig. Diese Eigenschaft verschaffte Remington ein bleibendes Ansehen bei Veteranen.
Übergang zur Metallpatrone
Nach dem Bürgerkrieg erlebte die Waffenindustrie eine technische Revolution: Die Einführung der Metallpatrone. Sowohl Colt als auch Remington mussten ihre Perkussionsrevolver anpassen oder neue Modelle entwickeln. Remington reagierte mit dem sogenannten Remington Conversion Revolver, bei dem ältere Perkussionsrevolver auf Patronenfeuer umgebaut wurden. Später folgten die Remington 1875 Single Action Army Revolver, die direkt für Metallpatronen konzipiert waren und Colt Konkurrenz machten – insbesondere dem legendären Colt Single Action Army (Peacemaker) von 1873.
Bedeutung im „Wilden Westen“
Die Remington-Revolver, oft fälschlich oder umgangssprachlich als „Colt Remington“ bezeichnet, waren im späten 19. Jahrhundert weit verbreitet. Sie wurden von Siedlern, Sheriffs, Soldaten, Kopfgeldjägern und Revolverhelden gleichermaßen genutzt. Berühmte Persönlichkeiten wie William F. „Buffalo Bill“ Cody oder Frank James (Bruder von Jesse James) sollen Remingtons bevorzugt haben.
Unterschiede zwischen Colt und Remington
Ein kurzer Vergleich zeigt die zentralen Unterschiede: Merkmal Colt Army 1860 Remington New Model Army 1863 Rahmen Offener Rahmen Geschlossener Rahmen Kaliber .44 .44 Trommelwechsel Umständlich Schnell austauschbar Produktion Höher in Stückzahl Etwas geringer, aber langlebiger Beliebtheit Offiziell stärker verbreitet Bei Soldaten wegen Stabilität beliebt
Sammlerwert und heutige Repliken
Heute sind Original-Remingtons aus dem 19. Jahrhundert begehrte Sammlerstücke. Ein gut erhaltener New Model Army kann hohe Preise erzielen, besonders wenn er eine nachweisbare Geschichte aus dem Bürgerkrieg besitzt. Darüber hinaus stellen zahlreiche Hersteller – insbesondere in Italien (z. B. Uberti oder Pietta) – Repliken her. Diese Nachbauten sind beliebt bei Schützen, Sammlern und bei Western-Events oder im historischen Reenactment. Auch Sportschützen, die das Schwarzpulverschießen betreiben, nutzen solche Repliken.
Fazit
Der sogenannte „Colt Remington“ ist kein einzelnes Modell, sondern vielmehr ein Ausdruck für die Rivalität und Gleichzeitigkeit der beiden großen Revolverhersteller Colt und Remington. Während Colt mit seiner frühen Innovationskraft den Revolver populär machte, setzte Remington auf Robustheit und technische Weiterentwicklung. Besonders der Remington New Model Army wurde zum Symbol dieser Stärke und sicherte sich einen Platz in der Geschichte als einer der zuverlässigsten Revolver des 19. Jahrhunderts. Er verkörpert den Übergang von der Perkussions- zur Patronenzeit und bleibt bis heute ein Sinnbild für den Wilden Westen – genauso wie sein berühmtester Konkurrent, der Colt Peacemaker.