Klein und trotzdem ein echter Hit in der Rechenleistung
Raspberry Pi
Der Mini-Computer mit ARM-Prozessor war dafür gedacht, Kindern Technik und Programmierung beizubringen, hat sich aber schnell zum Liebling erwachsener Hacker entwickelt. Von der SD-Karte kann man passende Linux-Distributionen, aber auch andere Betriebssysteme wie Android und RISC OS starten.
Raspberry Pi - ein richtiger PC
Mit USB, Ethernet und Anschlüssen für Video und Ton ist der "Raspi" trotz Scheckkartengröße ein richtiger PC. Eine große Community von Usern setzt ihn als Medienserver, Robotersteuerung oder leistungsfähiges Entwicklungsboard ein. Über die GPIO-Schnittstelle kann man direkt mit Sensoren und elektronischen Bauteilen aller Art kommunizieren.
Raspberry Pi 3 mit ARMv8 ist da
Ein neues iPhone könnte kaum kontroverser diskutiert werden. Nicht zuletzt, weil Konkurrenten wie Odroid mit mehr Anschlüssen, mehr Speicher und mehr Rechenleistung vorausgeeilt sind, waren die Erwartungen an den Raspi 3 hoch: 2 GByte RAM, 2 GHz Takt, 64 Bit, USB 3.0, GBit-Ethernet, eMMC-Flash und SATA onboard, 4K-Video und HEVC-Dekodierung in Hardware, und so weiter und so fort.
Enttäuschender Kompromiss
Die Raspberry Pi Foundation hatte jedoch noch zwei andere Ziele im Kopf: Kompatibilität zum Vorgänger und einen niedrigen Preis. Heraus kam ein Kompromiss, der viele Anwender enttäuschen könnte, insbesondere die Mediacenter-Fraktion. Bescheidene Naturen freuen sich, dass sie jetzt mehr fürs Geld bekommen und kein neues Zubehör brauchen. Ab 10 Uhr deutscher Zeit wird der Raspi 3 in einer Pressekonferenz mit Livestream offiziell vorgestellt. Ein neues Raspbian-Release mit Kernel 4.1.18-v7+ ist bereits freigegeben.
Die Platine hat die gleichen Maße wie vorher. Alle Anschlüsse sind an denselben Stellen, sodass sowohl Gehäuse als auch Erweiterungsboards (HATs) für den Raspi 2 auch zum Raspi 3 passen, und für bereits existierende Software sieht der Neue aus wie der Alte.
Raspberry Pi 3 von oben
Auf den ersten Blick verrät nur der Antennenstummel in der linken oberen Ecke den Raspi 3. Alle Anschlüsse und das Board-Layout sind gleich geblieben. Vergrößern Dem engen Kostenrahmen dürfte geschuldet sein, dass das RAM und die Anbindung der schon bekannten Anschlüsse gleich geblieben sind. Also: weiterhin 1 GByte RAM. Fast Ethernet und 4 USB-2.0-Ports sind immer noch über einen gemeinsamen USB-Bus am neuen System-on-Chip (SoC) angebunden, das nun BCM2837 statt BCM2836 heißt. Der Raspi 3 wird daher im Handel nur wenige Euro teurer sein als der Vorgänger.
Helfende Neuerungen
WLAN-Chip des Raspi 3
Auf der Unterseite des Raspi 3: der Chip für WLAN und Bluetooth. Vergrößern Daneben gibt es auch Neuerungen, die wirklich weiterhelfen. Das Internet of Things alias IoT kommuniziert drahtlos, deshalb hat sich auf der Unterseite der Platine ein Chip für WLAN 802.11b/g/n und Bluetooth 4.1 (Classic und Low Energy) angesiedelt. Er kommt aus dem gut mit Treibern versorgten Broadcom-Sortiment und ist per SDIO am SoC angebunden, was bei sehr vielen Anwendern schon mal den USB entlastet. Die Antenne sitzt auf der Oberseite, und zwar dort, wo vorher die Status-LEDs blinkten. Nur eine Antenne und nur 2,4 GHz: Das WLAN wird also über 150 MBit/s brutto nicht hinauskommen. Das galt jedoch auch schon für die meisten günstigen USB-WLAN-Adapter, die gängigerweise am Raspi benutzt wurden. Der WLAN-Teil Broadcom BCM43143 ist identisch mit dem im offiziellen Raspi-WLAN-Dongle und soll sehr sparsam sein.
Mehr Tempo
Raspi-3-SoC BCM2837
ARMv8 statt ARMv7 und 300 MHz schneller: Das neue SoC BCM2837. Vergrößern Mit ARMv8 statt ARMv7 ist eine neue Chip-Architektur eingezogen. Der Takt stieg um ein Drittel von 900 MHz auf 1,2 GHz, was also moderate Geschwindigkeitsgewinne für schon existierende Software verspricht. Von den 64-Bit-Fähigkeiten profitiert nur neue Software, und die könnte auf sich warten lassen: Ein ARMv8-Kernel ist für das Raspi-Linux Raspbian noch nicht in Sicht. Die neuen Cortex-A53-Kerne sind schon bei gleichem Takt und schneller als die alten Cortex-A7-Kerne im Raspi 2. Erste Messungen bestätigen: Im simplen CPU-Test des sysbench ist der Raspi 3 ungefähr [Update 63 statt 80] Prozent schneller als der Raspi 2.
Wenig bis nichts hat sich auf der Videoseite getan. Hardware-Dekodierung für HEVC/h.265 – Fehlanzeige. 4K oder UHD am HDMI-Anschluss – Fehlanzeige. Lediglich für neue Surround-Sound-Standards wie DTS und Dolby Digital Plus ist Unterstützung zu bekommen.
Halber Versionssprung
Was bleibt unterm Strich? Etwas mehr Tempo sofort, zwei drahtlose Anschlüsse extra, vielleicht noch ein zusätzlicher Geschwindigkeitsgewinn durch einen neuen Kernel. Das alles für wenig mehr Geld als bisher – kein schlechter Deal. Der Tempo-Gewinn fällt jedoch wesentlich bescheidener aus als beim Sprung von Raspi 1 auf 2. Die Konkurrenten, die jetzt schon mehr Anschlüsse oder mehr Speicher oder mehr Tempo bieten, müssen sich also nicht fürchten. So willkommen die Neuerungen sind – Raspi 2.5 hätte als Versionssprung auch gereicht.
Wer sich sputet, kann den Raspi 3 in Deutschland schon jetzt bei den üblichen Verdächtigen wie Rasppishop, Watterott und Co. bestellen. Neu ist, dass RS Components auch an Privatpersonen liefert. Alle scheinen durchaus nennenswerte Stückzahlen auf Lager zu haben, ein Debakel wie beim (zu?) billigen Raspberry Pi Zero ist also nicht zu erwarten. Die ersten paar 10.000 Exemplare des Raspi 2 waren allerdings schon nach wenigen Stunden ausverkauft