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Gut besser Smartwatch, aber nicht echt - Denn was mal als Renner gedacht war, ist wohl nur ein Traum.

Wieviele Leute haben Sie heute schon mit einer Smartwatch gesehen? Ohne über das Talent eines Houdini zu verfügen, ist es kein Kunststück zu prognostizieren, dass sich diese Zahl im ganz niedrigen einstelligen Bereich halten dürfte. Wenn überhaupt. Gleichzeitig wird der Smartwatch aber eine unverhältnismäßig hohe Medienpräsenz zuteil, insbesondere seit dem US-Start der Apple Watch. Also alles nur Hype? Oder reift da doch schon ein Bestseller heran?

Smartwatch - Apple Watch

Kinder der 80er denken gerne an die Zeit zurück, als sie Michael in der TV-Serie "Knight Rider" um die Armbanduhr beneideten, mit der er wie von Zauberhand Gegenstände fernsteuern, scannen oder mit seinem Fahrzeug reden konnte (Ok, KITT war vielleicht noch ein bisschen cooler).

Der Wunsch eines digitalen Helferleins am Handgelenk hat lange Tradition und begann schon in den späten 90ern Realität zu werden, etwa mit der SPH-WP10 von Samsung. Für Nerds. Von großen Stückzahlen war damals nämlich keine Rede, von einem Erfolg schon gar nicht. Selbst knapp vor Millenium zuviel Zukunft für "Normalos".

Die Samsung Smartwatch SPH-WP10 aus dem Jahre 1999

Langsame Smartwatch-Pioniere
Eineinhalb Jahrzehnte danach wollen aber auch die Smartwatch-Pioniere der aktuellen Generation nicht so recht in die Gänge kommen. Wenn man sich die Verkaufszahlen vom Vorjahr ansieht, kommt man zu dem Schluss, dass weltweit gerade einmal geschätzte 6,8 Millionen smarte Uhren über den Ladentisch gewandert sind.

Samsung konnte davon mit 1,2 Millionen Stück mit Abstand die meisten Exemplare verkaufen, gefolgt vom Kickstarter-Erfolg Pebble mit respektablen 700.000 Stück. Ein regelrechter Hype sieht offengestanden aber anders aus.

Marken-Verkaufszahlen

Und dann kam Apple...
Ende April diesen Jahres ist mit der Apple Watch ein neues Schwergewicht in den Ring gestiegen. Der treuen Fan-Basis und dem gewohnt cleverem Marketing des Konzerns ist es zu verdanken, dass aufgrund der Vorbestellungen alleine am ersten Tag des Release knapp eine Million Exemplare verkauft werden konnten. Das ist beinahe soviel wie Marktführer Samsung im gesamten Jahr davor absetzen konnte. Zeitenwende?

Mitnichten: Diese Tagesabsätze konnten sich freilich bei weitem nicht halten, die Nachfrage soll mittlerweile massiv abgeebbt sein. Offizielle Zahlen gibt es seitens Apple zwar keine, aber manche Analysen gehen davon aus, dass zeitweise weniger als 5.000 Stück täglich verkauft werden.

Statistik

Auf einem sehr überschaubaren Markt kann das dennoch als kleiner Erfolg gewertet werden. Bereits jetzt wird davon ausgegangen, dass Apple quasi aus dem Nichts heraus bis zu 75% Marktanteil im Smartwatch-Segment erreicht hat. Und Hauptkonkurrent Samsung mit einem Fingerschnippen klar auf den zweiten Rang verwiesen hat. Böse Zungen würden an dieser Stelle natürlich festhalten, dass 75% von wenig auch nicht viel sind.

Euphorische Analysten rudern zurück
Dass die Konsumenten nicht gar so schnell von der Idee einer Smartwatch-Zug zu überzeugen sind, ist auch bis zu den Analysten vorgedrungen. So werden die zu Jahreswechsel noch euphorischen Zahlen laufend nach unten korrigiert.

Zahlen

Selbst wenn die Besitzer einer Smartwatch in den nächsten Jahren im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr drastisch ansteigen dürften, wird es noch längere Zeit dauern, ehe man von einem "Bestseller" reden kann. Vor allem dann, wenn man sich vor Augen führt, dass sich heuer gerade einmal prognostizierte 3 von 100 Smartphone-Besitzern ein Wearable Device zulegen dürften. Gemäß dieser Definition muss es sich nicht nicht einmal um eine Smartwatch handeln, es könnte etwa auch "nur" ein Fitnessarmband sein. Und umso mehr entfernt man sich vom Bestseller, wenn die Behauptung auf ein einzelnes Modell zutreffen soll.

Langer Atem für Google?
Mag die erste Runde im neuen Kampf ums Handgelenk trotz Ungereimtheiten an Apple gehen, ist es stark anzuzweifeln, dass das so bleiben wird. Auch dafür muss man weder Zauberer sein noch Glaskugel besitzen, sondern sich aufgrund der bevorzugt Smartphone-abhängigen Uhren lediglich die Marktanteile der jeweiligen Betriebssysteme vor Augen führen.

Da es extrem unwahrscheinlich ist, dass die proprietäre Hochburg Apple ihren smarten Handgelenks-Wecker und dessen Folgemodelle anderen Systemen zugänglich macht, wäre der Plafond derzeit bei knapp 18,3 Prozent Marktanteil erreicht.

Android gegen iOS

Das größte Potenzial besitzen demnach weiterhin Android-kompatible bzw. -abhängige Smartwatches, die mit einer Grundlage von 78% Marktanteil für das Google-Betriebssystem auf weitaus fruchtbareren Boden stoßen. Tendenz steigend, zumal Apple in China, dem derzeit wichtigsten Mobilfunkmarkt der Welt, nur noch Platz 3 hinter den Android-treuen Herstellern Xiaomi und Huawei belegt.

Bitte (noch) warten
Die Smartwatch in ihren jetztigen Auswüchsen kann jedenfalls eher noch der Kategorie Hype zugeordnet werden. Die Zahlen deuten zumindest nicht wirklich auf einen Bestseller hin. Noch nicht. Mit ausgereifterer und nicht zuletzt günstiger Technologie dürfte sich der mündige Verbraucher in den nächsten Jahren aber durchaus leichter überreden lassen, eine Smartwatch anzuschaffen. Sind Kinderkrankheiten erst einmal ausgemerzt, ist die Idee des smarten Helferleins am Handgelenk ja grundsätzlich nicht so verkehrt. Auch wenn sich KITT damit leider nicht rufen lassen wird.

Quelle: Eskin // news.at