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Kann man sich vor Krebs schützen?

Krebs kann einen Menschen in kurzer Zeit dahinraffen. Eine Zauberformel, wie sich einem Tumor vorbeugen lässt, gibt es leider nicht. Krebsforscher kennen jedoch die größten Risikofaktoren.

Der Mensch erfand das Auto und die Glühbirne. Er fliegt auf den Mond und setzt Sterbenden ein neues Herz ein. Doch er schafft es nicht, den Krebs endgültig zu besiegen. Immer noch sterben knapp acht Millionen Menschen weltweit an einem Tumor, so die Krebsstatistik der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 2008. Dabei ließe sich Krebs in etwa 30 Prozent der Fälle vermeiden. Vorausgesetzt, Mann und Frau kennen die größten Risiken, die einen Tumor auslösen können. Und verändern, wenn nötig, ihren Lebensstil.



Wichtig: „Vorbeugen ist in jedem Alter sinnvoll“, sagt Professor Hermann Brenner, der die Abteilung für Klinische Epidemiologie und Alternsforschung am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg leitet. Es ist also nie zu spät, ein Laster aufzugeben.


Ein Laster birgt das größte Risiko für Krebs schlechthin: das Rauchen. Ein Drittel der Krebstodesfälle weltweit lässt sich auf das Rauchen zurückführen. 80 bis 90 Prozent all jener, die an Lungenkrebs sterben, haben gequalmt. Experten wissen heute, dass Rauchen nicht nur ein Bronchialkarzinom verursachen kann, sondern auch zahlreiche andere Tumorarten begünstigt – von Kehlkopf- bis Speiseröhrenkrebs. Denn der blaue Dunst schädigt nahezu jedes Organ des Körpers. „Tabakrauch ist ein Gemisch aus Tausenden von Substanzen, darunter 90 Stoffe, die krebserzeugend sind oder im Verdacht stehen, Krebs zu auszulösen“, erklärt Dr. Martina Pötschke-Langer, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention am Deutschen Krebsforschungszentrum. Seit Jahren klärt die Wissenschaftlerin über die Gefahren des Rauchens auf und weiß, dass auch Passivraucher gefährdet sind. „Sie atmen die gleichen giftigen und krebserzeugenden Substanzen ein wie Raucher selbst“, betont sie. Wer die Qualmerei aufgibt, senkt sein Risiko für Krebs deutlich. Je früher er die Zigaretten verbannt, desto mehr Lebensjahre gewinnt er.

Auch Übergewicht steht im Zusammenhang mit Krebs. Wer zu viele Fettpolster mit sich herumträgt, insbesondere am Bauch, kann unter anderem eher einen Tumor im Dickdarm oder in der Bauchspeicheldrüse bekommen. Krebsforscher raten deshalb, dass Mann und Frau ein normales Gewicht anstreben. Die Weltgesundheitsorganisation definiert Normalgewicht mit einem Body-Mass-Index (BMI) zwischen 18,5 und 24,9. Wer im Laufe seines Lebens nicht übermäßig zulegt, sein Gewicht stattdessen in der Norm hält, kann sich vor manchen Krebsarten schützen. Der World Cancer Research Fund, eine internationale Krebsforschungsorganisation, hält dies sogar für einen der wichtigsten krebsvorbeugenden Faktoren.

Übergewicht gilt oft als Folge von ungesunder Ernährung und mangelnder Bewegung. Daher spielen diese beiden Faktoren ebenfalls eine wichtige Rolle. Wer körperlich aktiv ist, profitiert in zweierlei Hinsicht. Erstens wirkt er überflüssigen Pfunden entgegen, zweitens senkt er sein Risiko für bestimmte Krebsarten. So erkranken Menschen, die sich regelmäßig bewegen, seltener an Dickdarmkrebs. „Zahlreiche Studien zeigen, dass Personen, die körperlich sehr aktiv sind, ihr Risiko für Darmkrebs gegenüber eher Inaktiven um ungefähr 40 bis 50 Prozent verringern können“, sagt Dr. Karen Steindorf vom Deutschen Krebsforschungszentrum. Die Wissenschaftlerin untersucht seit mehreren Jahren, inwieweit Bewegung vor Krebs schützen kann. Der positive Effekt gilt laut Steindorf in Bezug auf Darmkrebs als gesichert. Wahrscheinlich beugt körperliche Aktivität aber auch Brust- und Gebärmutterkörperkrebs vor. Unter körperlicher Aktivität verstehen Experten nicht nur Sport, sondern jede Art der Bewegung. Also auch Treppen steigen, Putzen, Bügeln, Hecken schneiden und Spazierengehen. Mindestens eine halbe Stunde pro Tag sollten sich Mann und Frau allerdings etwas intensiver bewegen, etwa walken, Rad fahren oder schwimmen. Je aktiver ein Mensch ist, desto effektiver kann er sich wohl vor Krebs schützen.

Ob mehr Obst und Gemüse besser einem Tumor vorbeugt, wissen Forscher derzeit nicht. Dennoch empfiehlt der World Cancer Research Fund, reichlich Obst und Gemüse zu essen, da diese Lebensmittel unter anderem wenig Kalorien enthalten und Ballaststoffe liefern. Ballaststoffe, davon gehen Ernährungsexperten heute aus, können Darmkrebs vorbeugen. Zudem gibt es Hinweise, dass „Tomatenprodukte vor Prostatakrebs schützen können“, weiß Dr. Clarissa Gerhäuser, die am Deutschen Krebsforschungszentrum untersucht, welches krebsvorbeugende Potenzial Pflanzeninhaltsstoffe besitzen. Gerhäuser kennt noch weitere Beispiele: Schwefelhaltige Substanzen aus Zwiebeln und Knoblauch beugen eventuell Magenkrebs vor, Kohlgemüse verringert womöglich das Risiko für Lungen- und Darmkrebs. Hochkalorische Lebensmittel dagegen, ebenso wie zuckerhaltige Getränke, können zu Übergewicht führen und damit das Risiko für bestimmte Tumorarten erhöhen. Auch rotes Fleisch, insbesondere wenn es zu Salami, Räucherschinken oder Ähnlichem verarbeitet wird, weist ungünstige Effekte auf. Krebsforscher nennen es als Risikofaktor für Darmkrebs – zumindest, wenn es jemand in größeren Mengen verzehrt. Wer zuviel Salz zu sich nimmt, kann wohl eher Magenkrebs bekommen.

Auch Alkohol bringen Wissenschaftler mit diversen Tumoren in Verbindung. Zumindest belegen Studien, dass Menschen, die viel Alkohol trinken, vermehrt an Speiseröhren-, Rachen-, Mund- und Kehlkopfkrebs erkranken. Doch auch geringe Mengen gelten als schädlich. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät deshalb: Wenn überhaupt, dann maximal 10 Gramm Alkohol an einem Tag für eine Frau, 20 Gramm für einen Mann. 20 Gramm Alkohol entsprechen zirka 0,5 Liter Bier, 0,25 Liter Wein oder 0,06 Liter Weinbrand. Die Ernährungsexperten betonen, dass diese Angaben nicht als Empfehlung zu verstehen sind! Besser wäre es, ganz auf alkoholische Getränke zu verzichten.

Eine nicht unerhebliche Rolle spielen zudem Umweltfaktoren. Allen voran die Sonne, denn UV-Strahlen gelten als Hauptrisikofaktor für Hautkrebs. Diese Strahlen kommen jedoch auch in künstlichem Licht vor, etwa Solarien. Der beste Schutz vor Hautkrebs gelingt durch einen effektiven Sonnenschutz. Darüber hinaus gibt es radioaktive Strahlen, die in hohen Dosen zur Entstehung von Krebs beitragen können. Radon, ein radioaktives Edelgas, stellt – allerdings mit großen Abstand – nach Rauchen die zweithäufigste Ursache von Lungenkrebs dar. Es reichert sich in manchen Gegenden Deutschlands in Kellerräumen von Häusern an. Wer die Kellertüre aber geschlossen hält und regelmäßig Haus oder Wohnung lüftet, beugt dieser potenziellen Gefahr vor. Denn das Gas entweicht durch die geöffneten Fenster. Pilze und Wild sind in manchen Gebieten Deutschlands immer noch radioaktiv belastet, auch wenn das Reaktorunglück von Tschernobyl bereits Jahre zurückliegt. Das Bundesamt für Strahlenschutz hält die Strahlenbelastung zwar für vergleichsweise gering, aber für vermeidbar. Es empfiehlt daher, vorsichtshalber keine selbst gesammelten Pilze oder selbst erlegtes Wild zu essen. Umweltgifte, seien es Schadstoffe aus der Luft oder Pestizide, spielen Krebsforschern zufolge eine eher geringe Rolle.

Aus der Umwelt stammen allerdings auch Viren. Manche von ihnen können Krebs auslösen. So stellt eine chronische Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus, das hauptsächlich über ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen wird, eine der Hauptrisiken für Leberkrebs dar. Wer chronisch an einer Hepatitis C leidet, kann ebenfalls an dieser Tumorart erkranken. Während es gegen Hepatitis C bislang keine Impfung gibt, können sich Menschen vor Hepatitis B durch einen Impfstoff schützen. Eine Infektion mit humanen Papillomaviren, vor allem mit den Typen 16 und 18, gilt als größter Risikofaktor für Gebärmutterhalskrebs. Vor diesen Viren können sich junge Frauen mit einer Impfung schützen. Für wen eine Impfung gegen Hepatitis oder HPV im Einzelfall infrage kommt, klärt ein Gespräch mit dem Arzt.

Wer auf einen gesunden Lebensstil achtet und die bekannten Risiken meidet, kann sich zumindest ein Stück weit vor Krebs schützen. Dennoch kann auch der gesündeste Mensch plötzlich einen Tumor bekommen. Sind die Gene schuld? „Die Gene spielen eine Rolle, diese wird aber häufig überschätzt“, erklärt Professor Hermann Brenner. Was also im Einzelfall Körperzellen entarten lässt, liegt noch im Dunkeln.

Wichtig ist, auf jeden Fall die gesetzlichen Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen. Denn nur wenn ein Tumor rechtzeitig entdeckt wird, kann er unter Umständen noch gut behandelt werden. Die Chance, den Krebs zu überleben, ihn vielleicht sogar zu besiegen, steigt deutlich. Eine Mammographie kann beispielsweise Brustkrebs in einem frühen Stadium aufdecken. Untersucht der Arzt die Haut im Rahmen des Hautkrebs-Screenings, kann er frühzeitig verdächtige Hautveränderungen erkennen. Mit einer Darmspiegelung lassen sich unter anderem Polypen im Darm finden und während des Eingriffs entfernen. Darmkrebs entwickelt sich in den meisten Fällen aus solchen gutartigen Wucherungen. Deshalb dient diese Methode nicht nur der Früherkennung, Darmkrebs lässt sich damit sogar vorbeugen.